Werbung mit Öko-Test-Siegel: BGH setzt Ver­fahren um Mar­ken­ver­let­zung aus

18.01.2018

Dürfen Unternehmen das Öko-Test-Siegel nutzen, wenn das Magazin nicht das abgebildete, sondern ein ähnliches Produkt getestet hat? Der BGH wartet auf Antworten des EuGH zur rechtsverletzenden Benutzung einer bekannten Marke.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat zwei Verfahren zur Frage, ob die Verwendung des Öko-Test-Labels in der Werbung ohne Zustimmung der Markeninhaberin eine Markenverletzung darstellt, wegen Vorgreiflichkeit ausgesetzt (Beschl. v. 18.01.2018, Az. I ZR 173/16 und I ZR 174/16). Der u.a. für das Wettbewerbs- und Markenrecht zuständige I. Zivilsenat will abwarten, wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem ähnlich gelagerten Fall entscheidet, den mit dem Oberlandesgericht Düsseldorf ebenfalls ein deutsches Gericht vorgelegt hat.

Im ersten Fall klagt Öko-Test gegen den Online- und Versandhändler Otto. Der hatte in seinem Internetportal eine blaue Baby-Trinkflasche und einen grünen Baby-Beißring angeboten und daneben jeweils das Test-Label ""sehr gut" gestellt.  Im zweiten Fall hatte der zu Otto gehörende Baur Versand im Internet einen Lattenrost in verschiedenen Größen und Ausführungen sowie einen schwarz-weiß-roten Fahrradhelm angeboten - auch hier waren daneben die Öko-Test-Labels "gut" beziehungsweise "sehr gut" abgebildet, beim Lattenrost mit der Fundstelle für den tatsächlich getesteten Rost mit verstellbarem Kopf- und Fußteil.

Das Magazin Öko-Test, das Waren und Dienstleistungen testet, sieht dadurch seine Markenrechte verletzt. Das Unternehmen ist Inhaber einer im Jahr 2012 registrierten Unionsmarke, die das Öko-Test-Label wiedergibt und für die Dienstleistungen "Verbraucherberatung und Verbraucherinformation bei der Auswahl von Waren und Dienstleistungen" eingetragen ist. Den   Herstellern und Vertreibern der von ihr getesteten Produkte gestattet Öko-Test die Werbung mit dem Label, wenn diese mit dem Unternehmen einen entgeltlichen Lizenzvertrag schließen, in dem die Bedingungen für dessen Nutzung geregelt sind. Mit Otto und seinem Tochterunternehmen gibt es keinen solchen Lizenzvertrag.

Markenverletzung durch Werbung mit Label ohne Zustimmung? 

Aus Sicht von Öko-Test-Chefredakteur Jürgen Stellpflug geht es in dem Verfahren auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten grundlegend um die Nutzung von Wort-/Bild-Marken – "das betrifft auch Institutionen wie ADAC, TÜV oder Stiftung Warentest, die ihre Labels nach einem Test zur Verfügung stellen."

Eine andere Farbe habe andere Inhaltsstoffe und so teilweise andere Eigenschaften - und auch die Eigenheiten eines Lattenrosts können je nach Größe differieren, sagte eine Sprecherin der Verbraucherzentrale Bundesverband. Für Stellpflug ist es "schlicht Irreführung", wenn ein Label neben einem Produkt prangt, das gar nicht getestet wurde - selbst, wenn es noch so ähnlich ist. "Wenn wir uns darauf einlassen, weiß der Verbraucher am Ende nicht mehr, was wirklich getestet wurde."

Der Versandhändler Otto, der die Öko-Siegel nicht mehr verwendet, sieht hingegen keine Irreführung, solange man auf das tatsächlich getestete Produkt hinweise.

Das Kammergericht in Berlin konnte Otto damit nicht überzeugen (Urt. v. 21. Juni 2016, Az. 5 U 136/15 und 5 U 108/16). Die Berliner Richter gingen in zweiter Instanz davon aus, dass Otto und Baur mit dem Abdruck des Labels die Wertschätzung einer bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt haben, indem sie ein ähnliches Zeichen in der Werbung benutzten (Art. 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 Buchst. c Gemeinschaftsmarkenverordnung / Art. 9 Abs. 1 und 2 Buchst. c Unionsmarkenverordnung). Das KG nahm an, dadurch hätten die Händler signalisiert, Öko-Test hätte diese Werbung mit seinem Logo für die konkret angebotenen Produkte kontrolliert und für gerechtfertigt gehalten. Aus markenrechtlichen Gründen müsse die Entscheidung darüber, ob im konkreten Fall die beworbenen Produkte als von ihr getestet dargestellt werden dürfen, aber Öko-Test vorbehalten bleiben.

Ob der BGH diese Auffassung teilt, bleibt fürs Erste unbeantwortet. Weil das Oberlandesgericht Düsseldorf dem EuGH Rechtsfragen zur rechtsverletzenden Benutzung einer bekannten Marke vorgelegt habe (Beschl. v. 30.11. 2017. Az. 20 U 152/16), die auch für die Entscheidung des Streitfalls erheblich sind, hat der I. Senat das bei ihm anhängige Verfahren wegen Vorgreiflichkeit des in Luxemburg anhängigen Vorabentscheidungsverfahrens ausgesetzt

dpa/pl/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Werbung mit Öko-Test-Siegel: . In: Legal Tribune Online, 18.01.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26559 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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