BGH bejaht Widerrufsrecht: Part­ne­ra­gentur muss Seniorin Geld zurück­zahlen

06.05.2021

Worin besteht eigentlich die Hauptleistungspflicht einer Partnervermittlungsagentur? Und bis wann kann ein Partnervermittlungsvertrag widerrufen werden? Der BGH hat in einem Fall aus NRW Klarheit geschaffen.

Wer einen unüberlegt geschlossenen Vertrag mit einer Partnervermittlungsagentur loswerden will, sollte auf dieses Urteil achten: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich zu den Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Widerrufs eines Partnervermittlungsvertrages Gedanken gemacht und einer Seniorin, die vom Vertrag Abstand nehmen wollte, Recht gegeben. Das Institut muss der Kundin nun den Großteil des gezahlten Honorars zurückerstatten (Urt. v. 06.05.2020, Az. III ZR 169/20).  

Eine alleinstehende Seniorin aus dem Raum Aachen war 2018 über eine Kontaktanzeige im örtlichen Wochenblatt an die Koblenzer Partnervermittlungsagentur Glück für Zwei geraten, die ihr tags drauf einen Mitarbeiter vorbeischickte. Sie schlossen einen Vertrag ab, in dem unter anderem bestimmt war, dass die Agentur als "Hauptleistung" 21 Partnervorschläge (Partnerdepot) zusammenstellt. 

Am folgenden Tag zahlte die Frau das vereinbarte Honorar von rund 8.300 Euro. Die Agentur übermittelte ihr daraufhin drei Kontakte, die der Frau aber nicht zusagten. Einen der vorgeschlagenen Herren traf sie dreimal, dann wollte er nicht mehr. Die anderen beiden stellten sich - so sagte es die Frau - als vergeben heraus. Eine Woche nach Vertragsschluss schickte sie der Agentur die Kündigung. Unmittelbar nach der Kündigung bekam sie 17 weitere Vorschläge geschickt. 

Das Problem: Sie hatte eine Vereinbarung unterschrieben, mit der sie auf ihr Kündigungsrecht verzichtete. Eigentlich können sogenannte Haustürgeschäfte auch 14 Tage lang widerrufen werden. Aber Frau S. hatte auch schriftlich erklärt, dass Glück für Zwei direkt mit der Arbeit beginnen soll - ihr sei bewusst, dass sie ihr Widerrufsrecht verliere, wenn der Vertrag vollständig erfüllt sei. Die Agentur machte dagegen geltend, das Partnerdepot erstellt und damit ihre Leistung vollständig erbracht zu haben. 

Das Oberlandesgericht (OLG) Köln verurteilte die Agentur zur Rückzahlung von rund 7.100 Euro. Das OLG nahm dabei an, dass die Frau Wertersatz in Höhe von rund 1.200 Euro für die ersten drei Partnervorschläge schulde, die vor der Kündigung an die Frau übermittelt wurden.

Der BGH wies die dagegen gerichtete Revision der Agentur nun zurück. Der von der Frau erklärte Widerruf sei wirksam, so das Karlsruher Gericht. Entgegen der Auffassung der Agentur sei nämlich nicht die Erstellung des Depots die Hauptleistungspflicht, sondern vielmehr die Zusendung der ausführlichen Partnervorschläge mit Namen und Kontaktdaten. "Diese Leistung hatte die Beklagte zum Zeitpunkt des Widerrufs nur zu einem geringen Teil erbracht", so das Urteil des BGH.

BGH geht von geringerem Wertersatz aus

Außerdem sei der Wertersatzanspruch der Agentur laut BGH geringer als die 1.200 Euro, die das OLG abgezogen hat. Der BGH bezog sich dabei auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Online-Dienst Parship aus dem Oktober. Demnach komme es nicht auf die Zahl der Vorschläge an, sondern auf die Vertragslaufzeit. In diesem Fall wurde der Vertrag für ein Jahr geschlossen, gekündigt wurde nach einer Woche. 

Der Fall hat seine Besonderheiten und ist somit nicht ohne weiteres auf andere übertragbar. An sich ist die Praxis der Agentur aber weit verbreitet, wie Iwona Husemann, Rechtsreferentin bei der Verbraucherzentrale NRW, schon anlässlich der mündlichen Verhandlung vor zwei Wochen gesagt hatte. Und eines sei allen Fällen gemeinsam: "Wir reden hier immer über hohe Summen, ab 5000 Euro aufwärts."

Der Anwalt der Agentur hatte vor dem BGH betont, welchen Aufwand die Agentur für jeden Kunden betreibe: der ausführliche Hausbesuch, die individuelle Zusammenstellung des Partnerdepots, die persönliche Betreuung. Nach dem Urteil gibt es aus Koblenz keinen Kommentar. Die Klägerin selbst will sich nicht öffentlich äußern. Ihr Anwalt Jürgen Teutsch sagte aber, seine Mandantin freue sich. Ob sie inzwischen auf anderem Wege ihr Glück gefunden hat, wisse er nicht. 

acr/LTO-Redaktion

mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

BGH bejaht Widerrufsrecht: . In: Legal Tribune Online, 06.05.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44895 (abgerufen am: 14.11.2024 )

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