Im größten Anlegerschutzprozess Deutschlands haben die Kläger vor dem BGH einen Teilerfolg gegen die Telekom erzielt. Das Gericht erkannte einen schwerwiegenden Fehler im Verkaufsprospekt für den dritten Börsengang des einstigen Staatsunternehmens, wie Karlsruhe am Donnerstag mitteilte. Ob die Anleger nun hierfür Schadensersatz erhalten, muss nun das OLG Frankfurt prüfen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat, wie am Donnerstag bekannt wurde, über die Rechtsbeschwerden von Anlegern entschieden, die sich stellvertretend für 17.000 Kläger gegen einen Musterentscheid des Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt richteten. Sie hatten eine Vielzahl von Prospektfehlern geltend gemacht. Frankfurt hatte diese im Mai 2012 verneint. In Karlsruhe sieht man das anders. Die Richter hoben den Musterentscheid daher in einem "zentralen Punkt" auf, wie das Gericht mitteilte (Beschl. v. 21.10.2014, Az. XI ZB 12/12).
Im Jahr 2000 hatte die Deutsche Telekom AG 230 Millionen Stückaktien öffentlich zum Verkauf angeboten. Hierfür gab sie einen Verkaufsprospekt heraus, welcher die Gemüter spaltet. Unternehmen machen mit solchen Prospekten Angaben zu ihren Geschäften im Rahmen eines geplanten Börsengangs. Die zahlreichen Kläger werfen der Telekom vor, sie damals in die Irre geführt zu haben. Sinkende Aktienkurse hätten ihnen teils hohe Verluste eingebrockt.
Bilanztricks nicht angegeben
Auch der BGH stört sich an dem damaligen Prospekt. Allerdings nur in einem Punkt: Die Richter hadern mit dem bilanztechnischen Umgang des Konzerns mit Aktien des US-Telekommunikationsunternehmen Sprint Corporation, für deren Verkauf im Prospekt ein Buchgewinn von 8,2 Milliarden Euro ausgewiesen worden war. Tatsächlich wurden die Sprint-Aktien nicht verkauft, sondern nur an eine kaum bekannte Beteiligungsgesellschaft im Wege der Sacheinlage übertragen. Insoweit sei das Prospekt also objektiv falsch gewesen, merkte der BGH an.
Aus den von der Telekom diesbezüglich veröffentlichten Informationen habe selbst ein "bilanzkundiger Anleger" die tatsächlichen Beteiligungsverhältnisse im Jahr 1999 und die sich daraus ergebenden Risiken für die Anleger nicht ableiten können, so das Gericht.
OLG Frankfurt muss über Haftung der Telekom entscheiden
Damit entschied Karlsruhe diesbezüglich anders als zuvor das OLG Frankfurt. Das hatte hierin keinen Prospektfehler erkannt und Schadensersatzansprüche verneint. Damals ging es um Forderungen in Höhe von 80 Millionen Euro.
Ob die Telekom diesen nun wird nachkommen müssen steht aber trotz des BGH-Beschlusses nicht fest. Denn weitere haftungsbegründende Voraussetzungen wie Kausalität und Verschulden seien vom OLG noch nicht geprüft worden, so der BGH. Das hatten die Frankfurter auch konsequenterweise unterlassen, waren sie doch von einem fehlerfreien Prospekt ausgegangen. Sie werden es nun nachholen müssen, denn der BGH hat die Sache zurückverwiesen. Das Vorliegen eines Prospektfehlers steht nach der Entscheidung für sämtliche Ausgangsverfahren bindend fest, teilte Karlsruhe mit.
Ebenfalls umstritten waren die Prospektangaben zum Wert des Immobilienvermögens der Telekom. Hier waren die Kläger der Ansicht, der Konzern habe falsche Angaben gemacht, um sich aufzuwerten. Doch mit mehr als 12.000 Grundstücken und ca. 32.000 baulichen Anlagen, die auch im Prospekt aufgeführt wurden, sei der Wert nicht zu hoch angegeben worden, entschied der BGH.
una/dpa/LTO-Redaktion
BGH lässt Telekom-Aktionäre hoffen: . In: Legal Tribune Online, 11.12.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14083 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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