Die sechswöchige Schließung der Frisörbetriebe während des ersten Lockdowns war verhältnismäßig. Ein Anspruch auf Entschädigung für Einnahmeausfälle steht den Inhabern daher nicht zu, entschied der BGH.
Die Inhaberin eines Frisörsalons erhält keine Entschädigung für die Einnahmeausfälle, die sie durch die Schließung ihres Ladens während des Lockdowns im Frühjahr 2020 erlitten hat. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag (Urt. v. 11.05.2023, Az. III ZR 41/22) und bestätigte damit seine Rechtsprechung aus dem Vorjahr. Dort hatte er den Anspruch auf Entschädigung auch für einen Gastronomiebetrieb verneint (Urt. v. 17.03.2022, Az. III ZR 79/21).
Wie zahlreiche andere Einrichtungen auch, musste die Inhaberin aus Baden-Württemberg ihren Salon während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 für sechs Wochen schließen. Irrelevant war dabei, dass die COVID-19-Krankheit in dem Betrieb zuvor nicht aufgetreten war und dass auch die Ladenbesitzerin selbst nicht ansteckungsverdächtig war.
Die Inhaberin trug vor, durch die Betriebsschließung erhebliche finanzielle Einbußen erlitten zu haben. Sie ist der Meinung, dass die Maßnahmen zum Schutz der Allgemeinheit nicht erforderlich waren und verlangt daher vom Land Baden-Württemberg eine Entschädigung in Höhe von 8.000 Euro. Zwar hatte die Frau 9.000 Euro Soforthilfe erhalten. Diese Summe muss sie aber wieder zurückzahlen.
Nachdem ihre Klage bereits vor dem Landgericht (LG) Heilbronn (Urt. v. 17.12.2020, Az. I 4 O 83/20) und dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart (Urt. v. 09.02.2022, Az. 4 U 28/21) erfolglos geblieben ist, scheiterte sie nun auch vor dem BGH.
BGH: Die Betriebsuntersagung war nicht unzumutbar
Der BGH ordnete die sechswöchige Schließung der Betriebe für Frisöre als verhältnismäßig ein. Das Ziel, die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und die Überlastung des Gesundheitssystems zu bekämpfen, stelle einen legitimen Zeck dar. Außerdem sei der Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Art. 14 Abs. 1 GG) durch verschiedene umfangreiche staatliche Hilfsmaßnahmen für die Betroffenen erheblich abgeschwächt worden.
Die im Infektionsschutzrecht geregelten Betriebsuntersagungen (§ 32 i.V.m. § 28 Abs. 1 S. 1 und 2, §§ 56, 65 Infektionsschutzgesetz (IfSG)) hätten den Gesetzgeber nicht auch zur Regelung von Ausgleichsansprüchen verpflichtet. Angesichts der wirtschaftlichen, sozialen und sonstigen Auswirkungen der Pandemie und weil die Ladeninhaberin grundsätzlich das Unternehmerrisiko trage, sei die Dauer der Schließung nicht unzumutbar gewesen.
Der BGH führt in einer Mitteilung zum Urteil aus: "Die finanzielle Leistungsfähigkeit des Staates ist begrenzt. Dementsprechend muss der Staat in Pandemiezeiten sich gegebenenfalls auf seine Kardinalspflichten zum Schutz der Bevölkerung beschränken."
lmb/LTO-Redaktion
BGH zu Betriebsschließung während Corona: . In: Legal Tribune Online, 11.05.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51750 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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