Gemeinschaften von Wohnungseigentümern können bei Mängeln weiterhin vor Gericht ziehen. Eine Reform des WEG habe daran nichts geändert, so der BGH zu dieser in der Praxis durchaus wichtigen Frage.
Gemeinschaften von Wohnungseigentümern können bei Mängeln auch nach einer Gesetzesänderung vor Gericht ziehen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit einem am Freitag in Karlsruhe verkündeten Urteil klargestellt (Urt. v. 11.11.2022, Az. V ZR 213/21). Die Klärung der Frage bezeichnete die Vorsitzende Richterin Bettina Brückner als "praktisch überaus bedeutsam".
Hintergrund der Frage ist § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes a.F. (WEG). Dieser hat geregelt, dass Eigentümergemeinschaften Mängelrechte aus individuellen Kauf- oder Werkverträgen der Erwerber durch Beschluss an sich ziehen und durchsetzen können. Bei einer Gesetzesreform entfiel diese Regelung der "Vergemeinschaftung durch Beschluss" aber ersatzlos. Fachleute zogen daraus bislang unterschiedliche Schlüsse.
Im Grunde bleibt es nun bei der bisherigen, flexiblen Praxis. Ansprüche aus den Erwerbsverträgen, die die Mängelbeseitigung betreffen, können weiterhin durch Mehrheitsbeschluss "vergemeinschaftet" werden, so der BGH. Die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergebe sich unverändert aus der Verwaltungsbefugnis für das gemeinschaftliche Eigentum sowie der im WEG geregelten Pflicht zu dessen Erhaltung. Enger gefassten Sichtweisen habe der BGH eine Absage erteilt, betonte die Vorsitzende Richterin des fünften Zivilsenats, Bettina Brückner. Laut Pressemitteilung hat sich der BGH auch auf die Gesetzesbegründung berufen, der zufolge die bisherige Rechtsprechung des BGH zum Bauträgerrecht, nach der eine Vergemeinschaftung von werkvertraglichen Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüchen möglich war, fortgelten soll. Entsprechendes müsse für die Vergemeinschaftung von kaufrechtlichen Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüchen gelten. Nur diese Sichtweise trage der nach der Reform unveränderten Interessenlage der Wohnungseigentümer hinreichend Rechnung.
Im konkreten Fall hatte eine Immobilienfirma Wohnungen in einem Gebäudekomplex in München verkauft. Bei einer Untersuchung des Bodens auf einer zugeschütteten Kiesgrube wurden Schadstoffe festgestellt. Weil hierzu aus Sicht des BGH noch Fragen offen sind, muss der Fall noch einmal vor dem Oberlandesgericht München verhandelt werden.
dpa/cp/LTO-Redaktion
BGH zur Geltendmachung von Mängel: . In: Legal Tribune Online, 11.11.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50144 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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