Ein tabaksteuerfreier Eigenbedarf ist auch gegeben, wenn eine Privatperson in einem anderen Mitgliedstaat der EU Zigaretten erwirbt, nach Deutschland verbringt und an Familienangehörige verschenkt. Dies geht aus einem am Mittwoch bekannt gewordenen Beschluss der obersten Finanzrichter hervor.
Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) deckt auch derjenige seinen Eigenbedarf, der aus eigenem Entschluss Geschenke für nahe Familienangehörige einkauft. Das Steuerprivileg stehe demnach nicht nur Rauchern zu, die sich für den eigenen Bedarf in anderen Mitgliedstaaten mit billigen Zigaretten eindecken. In den Genuss der steuerlichen Vorteile des Binnenmarkts kämen auch beschenkte Angehörige (Beschl. v. 08.09.2011, Az. VII R 59/10).
Von der deutschen Tabaksteuer befreit sind in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) versteuerte Zigaretten, die Privatpersonen in diesem Mitgliedstaat für ihren Eigenbedarf erwerben und selbst in das Steuergebiet verbringen. Diese Regelung ist eine Errungenschaft des Binnenmarktes, der am 1. Januar 1993 mit dem Wegfall der Grenzkontrollen verwirklicht worden ist. Wer als Privatperson verbrauchsteuerpflichtige Waren, wie etwa Zigaretten, Spirituosen oder Schaumweine, in einem anderen Mitgliedstaat einkauft, kann diese Waren steuerfrei in Deutschland verbrauchen. Nach den unionsrechtlichen Vorgaben der Verbrauchsteuersystemrichtlinie setzt die Steuerfreiheit im Bestimmungsland lediglich voraus, dass die Waren für den Eigenbedarf erworben und selbst befördert werden.
Familie darf polnische Zigaretten verschenken
In dem vom BFH entschiedenen Fall waren die Großeltern und der Vater der Klägerin sowie die Klägerin selbst nach Polen gefahren, wo jedes Familienmitglied eine Stange Zigaretten einkaufte. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland wollten die Großeltern und der Vater ihre Zigaretten der Klägerin schenken. Auf der Heimreise geriet diese in eine mobile Zollkontrolle. Mit der Begründung, die Zigaretten seien in Polen nicht für den Eigenbedarf erworben worden und folglich in Deutschland zu versteuern, stellte der Zoll einen Großteil der Zigaretten sicher.
Die Münchner Richter schlossen sich dieser Verwaltungsauffassung nicht an. Auch wenn die verbrauchsteuerpflichtigen Waren für Familienmitglieder bestimmt seien, ändere dieser Umstand nichts am persönlichen Charakter des Erwerbs. Werde der Transport nicht selbst durchgeführt, sondern ein Transportunternehmen mit der Beförderung beauftragt, entfalle allerdings die Steuerfreiheit. Denn in diesen Fällen fehle es an der Voraussetzung des Selbstverbringens.
tko/LTO-Redaktion
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BFH: . In: Legal Tribune Online, 30.11.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4935 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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