Eine Spielervermittlerin will für Provisionen, die sie erst in einigen Jahren erhält, nicht im Voraus Umsatzsteuer abführen. Die Vorfinanzierung ist eine jahrzehntelang geübte Praxis – doch nun meldet der BFH Zweifel an.
Bisher müssen Unternehmer, die zur sogenannten Sollbesteuerung verpflichtet sind, ihre Einnahmen vorab versteuern. Nun aber hat der Bundesfinanzhof (BFH) ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gerichtet, um zu klären, ob die jahrzehntelange Praxis gegen EU-Recht verstößt – jedenfalls dann, wenn es um eine Vorfinanzierung über mehr als zwei Jahre geht (Beschl. v. 21.06.2017, Az. V R 51/16).
In dem Fall ging es um eine Spielervermittlerin im Profi-Fußball. Für ihre Tätigkeit erhielt sie Provisionszahlungen von den Vereinen, vorausgesetzt, dass ein Spieler bei seinem neuen Verein einen Vertrag unterschrieb und die DFL ihm eine Spielerlaubnis erteilte. Die Provisionszahlungen waren allerdings auch von der Dauer des Arbeitsverhältnisses abhängig: So wurden sie in Raten verteilt über die Laufzeit des Vertrages gezahlt, wobei die einzelnen Raten nur fällig wurden, wenn der Vertrag zwischen Verein und Spieler fortbestand.
Für die Spielervermittlerin galt die sogenannte Sollbesteuerung. Gemäß § 16 Umsatzsteuergesetz ist die Steuer nach "vereinbarten Entgelten" zu berechnen, in der Regel also schon dann, wenn der Unternehmer seine Leistung erbracht hat. Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis 500.000 Euro und Freiberufler können sich von dieser Regelung in bestimmten Fällen befreien lassen und müssen die Umsatzsteuer erst dann bezahlen, wenn das Entgelt tatsächlich auf ihrem Konto eingegangen ist. Für die Vermittlerin galt das jedoch nicht.
Auch bei Ratenzahlung im Einzelhandel muss oft vorab versteuert werden
Das Finanzamt ging deshalb davon aus, dass die Klägerin ihre im Jahr 2012 erbrachten Vermittlungsleistungen auch in 2012 zu versteuern habe, obwohl sie einzelne Raten vertragsgemäß erst im Jahr 2015 gezahlt bekäme. So entsprach es geübter Praxis.
Der BFH bezweifelt jetzt aber, ob dies mit den bindenden Vorgaben des Unionsrechts, genauer gesagt der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, vereinbar ist. Der EuGH soll nun insbesondere entscheiden, ob der Steuerpflichtige verpflichtet ist, die geschuldete Steuer für einen Zeitraum von zwei Jahren vorzufinanzieren, wenn er die Vergütung teilweise erst zwei Jahre später erhalten kann.
Die dem EuGH vorgelegten Fragen sind von erheblicher Praxisbedeutung, sie können etwa auch für den Ratenverkauf im Einzelhandel oder bei bestimmten Formen des Leasing von Bedeutung sein. Auch hier sind die Unternehmer bisher in der Regel verpflichtet, die Umsatzsteuer schon dann abzuführen, wenn sie die Waren liefern – auch dann, wenn einzelne Ratenzahlungen erst Jahre später fällig werden.
aka/LTO-Redaktion
BFH legt an EuGH vor: . In: Legal Tribune Online, 20.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24629 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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