Justizsenatorin zu klimaaktivistischen Straßenblockaden: Keine Ein­fluss­nahmen auf Ermitt­lungen

13.07.2022

Seit Monaten sorgen Klimaaktivisten immer wieder mit Sitzblockaden für Verkehrschaos. Zeit zum Handeln, findet die FDP im Abgeordnetenhaus. Doch die Berliner Justizsenatorin sieht das anders.

Berlins Justizsenatorin Lena Kreck hat sich entschieden gegen eine Einmischung in Ermittlungen zu Straßenblockaden von Klimaschutzdemonstranten und gegen politischen Druck auf Strafverfolgungsbehörden ausgesprochen. "Wir leben in einem Rechtsstaat mit einer Gewaltenteilung, da haben politische Einflussnahmen auf Richter und Strafverfolgungsbehörden nichts verloren", sagte die Linken-Politikerin am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Auch Selbstjustiz sei fehl am Platz. "Bei allem Verständnis für die Genervtheit der Autofahrerinnen und Autofahrer, die in Staus feststecken."

Mitglieder der Gruppe "Letzte Generation" legten in letzter Zeit immer wieder mit Sitzblockaden auf Berliner Straßen den Verkehr lahm. Manche klebten dabei ihre Hände am Asphalt fest. Die Demonstranten fordern entschiedeneres Handeln gegen den Klimawandel. Aus dem politischen Raum wiederum und auch von Polizeigewerkschaften kommen Forderungen, Strafverfahren gegen Blockierer zu beschleunigen und die Personen schneller zu verurteilen.

Vorwürfe aus der FDP

FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja warf Kreck vor, nicht entschieden genug zu handeln. "Dass die Blockierer die Gesellschaft in Geiselhaft nehmen und Einsatz- und Rettungsfahrzeuge, die lebensrettende Maßnahmen durchführen, blockieren, ausbremsen und einengen, ist für uns wirklich nicht hinnehmbar", sagte er der dpa. "Die Justizsenatorin ist in der Verantwortung, dafür zu sorgen, dass in diesen Fällen endlich beschleunigt ermittelt wird, damit schnell Urteile gesprochen werden können."

Die Polizei leiste hervorragende Arbeit. "Es fehlt jedoch bei der Justizsenatorin am politischen Willen, dass in Zusammenarbeit mit der Polizei möglichst schnell ermittelt wird", meinte Czaja. "Sie muss eine Task Force zusammenstellen, und es müssen zeitnah Anklagen durch die Staatsanwaltschaft erfolgen. Bisher gibt es kein einziges Urteil."

Die Blockade-Aktionen seien keine Einzelfälle, es zeige sich ein strukturiertes Vorgehen der Aktivisten. "Aber wir sehen, dass nicht schnell genug gehandelt wird. Polizeilich ja. Aber wir brauchen hier eine enge Zusammenarbeit von Polizei und Justiz bei der Fallbearbeitung", sagte Czaja. "Für die Justiz ist Senatorin Kreck verantwortlich. Und man darf sich in diesen Tagen durchaus die Frage erlauben, ob sie sich mit den Blockierern gemein macht, weil sie nicht ihren umfassenden Kompetenzen nachkommt und ein stückweit toleriert, was in dieser Stadt stattfindet, oder nicht."

"Für die Beschuldigten gilt bis zu einem Urteil die Unschuldsvermutung."

Kreck wies die Vorhaltungen zurück. "Wir haben mit den Innenbehörden in einem Spitzengespräch vereinbart, die Zusammenarbeit im Komplex 'Aufstand der letzten Generation' von Berliner Staatsanwaltschaft und Polizei weiter zu optimieren", sagte sie. "Bereits vorher hatte die Staatsanwaltschaft extra eine Schwerpunktabteilung gebildet."

Klar sei: "Für die Beschuldigten gilt bis zu einem Urteil die Unschuldsvermutung. Eine Verurteilung kommt nur dann zustande, wenn keine Zweifel bestehen, dass eine Straftat begangen wurde. Das Gericht muss überzeugt sein, dass der Straftatbestand - zum Beispiel Nötigung, Widerstand, gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr - erfüllt ist. Dafür muss sehr sauber ermittelt werden." Aktuell laufen im Zusammenhang mit den Straßenblockaden 73 strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen 40 Beschuldigte, wie Kreck ergänzte.

Auch Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und Innensenatorin Iris Spranger (beide SPD) hatten die Protestaktionen zuletzt mehrfach kritisiert und konsequentes Vorgehen angemahnt. Berlins Generalstaatsanwältin Margarete Koppers hatte sich indes gegen zunehmenden Druck auf die Justiz zur Wehr gesetzt. "Wir sind natürlich nicht untätig und in gutem und engem Austausch mit dem Landeskriminalamt", hatte Koppers der tageszeitung (taz/Dienstag) gesagt. Gleichzeitig bedauerte sie, dass Staatsanwaltschaft und Polizei durch den politischen Druck "auseinanderdividiert" würden.

dpa/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Justizsenatorin zu klimaaktivistischen Straßenblockaden: . In: Legal Tribune Online, 13.07.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49034 (abgerufen am: 04.11.2024 )

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