Wenn Menschen sich bei Polizeikontrollen oder Festnahmen wehren und Polizisten Gewalt anwenden, gibt es danach oft gegenseitige Schuldzuweisungen, die Aufklärung ist schwierig. Das soll sich in Berlin ändern.
Polizisten und Feuerwehrleute in Berlin sollen bald sogenannte Bodycams an ihren Uniformen zur Aufzeichnung von bestimmten Einsätzen tragen. Das sieht das überarbeitete Polizeigesetz vor, das die Berliner Regierungskoalition von SPD, Linken und Grünen nach jahrelangen und langwierigen Verhandlungen am Montag vorstellte. Die Polizisten sollen an den kleinen Kameras die Aufnahme starten, wenn Situationen etwa bei Kontrollen oder Demonstrationen problematisch werden oder eskalieren. Damit könne festgestellt werden, wie sich der jeweilige Polizist und sein Gegenüber verhalten haben, hieß es zur Begründung.
Das reformierte Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) für Berlin mit einem Umfang von 45 Seiten soll noch in diesem Jahr vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden und am 1. Januar 2021 in Kraft treten. Das Gesetz regelt die Aufgaben, Zuständigkeiten und Möglichkeiten vor allem der Polizei. Die Opposition kritisierte den neuen Entwurf als wenig effektiv.
Bodycams zur Beweiserleichterung für beide Seiten
Innensenator Andreas Geisel (SPD) und die Innenpolitiker von SPD, Linken und Grünen betonten, die Kameras könnten sowohl Verstöße von Polizisten als auch Angriffe auf die Polizeibeamten dokumentieren und so die Aufklärung solcher Taten erleichtern. "Die Dokumentation geht in beide Richtungen."
Dazu filmen die Bodycams im eingeschalteten Zustand ständig die Umgebung. Gespeichert werden aber nur die jeweils letzten 30 Sekunden. Von dem Zeitpunkt, an dem der Polizist in einem weiteren Schritt die eigentliche Aufnahme startet, wird alles gespeichert in Bild und Ton inklusive der 30 Sekunden zuvor.
Geplant sind die Kameras auch für Feuerwehrleute und Sanitäter, weil es auch hier in den vergangenen Jahren viele Angriffe gab. Sie sollen im Laufe der kommenden Legislaturperiode ab 2021 nach und nach von der Polizei gekauft werden. Gleichzeitig soll ihr Einsatz in der Praxis wissenschaftlich begleitet und ausgewertet werden. Nach drei Jahren muss das Abgeordnetenhaus entscheiden, ob sich die Regelung bewährt hat und fortgesetzt werden soll.
Die von Geisel gewünschte Ausweitung von Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen mit viel Kriminalität wurde nicht in den Gesetzentwurf aufgenommen. Linke und Grüne lehnten das ab. Ein entsprechendes Volksbegehren einer von CDU-Politikern unterstützten Initiative wird derzeit vom Landesverfassungsgericht geprüft. Nicht geplant sind auch die Einführung der elektronischen Fußfessel für Gefährder und die konkrete Regelung des finalen Rettungsschusses für die Polizei.
dpa/ast/LTO-Redaktion
Reform des Berliner Polizeigesetzes: . In: Legal Tribune Online, 15.06.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41903 (abgerufen am: 22.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag