Die in der Gastronomie bei amtlichen Betriebskontrollen in Bayern festgestellten lebensmittel- und hygienerechtlichen Mängel dürfen nicht mehr im Internet veröffentlicht werden. Der Bayerische VGH hat in am Montag bekannt gewordenen Eilbeschlüssen verfassungs- und europarechtliche Bedenken gegen den sogenannten Hygienepranger erhoben.
Die Veröffentlichung von Hygienemängeln im Internet wurde erst im September im Lebensmittelrecht verankert. Danach informieren die zuständigen Behörden die Öffentlichkeit über Missstände in der Gastronomie und im Handel, sobald ein Bußgeld von mindestens 350 Euro zu erwarten ist. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) gab nun in drei Verfahren gegen die Stadt München den klagenden Wirten Recht und untersagte, bei Kontrollen von Gaststätten festgestellte lebensmittel- und hygienerechtliche Mängel online zu veröffentlichen (Beschl. v. 18. März 2013, Az. 9 CE 12.2755 u.a.).
Die obersten Verwaltungsrichter bezweifeln die Rechtmäßigkeit der Vorschrift. Das Europarecht lasse die Information der Öffentlichkeit nur beim hinreichenden Verdacht eines Gesundheitsrisikos zu. Angesichts der möglichen wirtschaftlichen Folgen für die Betroffenen erscheine die Schwelle auch als sehr gering. Ein Bußgeld von 350 Euro sei schnell verhängt, da müsse nicht unbedingt ein gravierender Verstoß vorliegen, erläuterte eine VGH-Sprecherin.
Bedenken hatten die Richter ferner, ob überhaupt eine Veröffentlichung im Internet nötig sei. Denn die Mängel seien zum Zeitpunkt der Veröffentlichung oft schon behoben.
Die obersten Verwaltungsgerichte in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz hatten bereits ähnlich geurteilt und ebenfalls europarechtliche Bedenken geäußert. Baden-Württemberg hatte daraufhin Anfang März erklärt, zunächst keine weiteren Veröffentlichungen mehr vorzunehmen.
dpa/plö/LTO-Redaktion
Bayerischer VGH stoppt Hygienelisten im Internet: . In: Legal Tribune Online, 26.03.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8411 (abgerufen am: 22.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag