BAG legt EuGH vor: Kann man den Urlaub Ver­s­tor­bener erben?

18.10.2016

Nach bisheriger Rechtsprechung gehen weder Urlaubs- noch Urlaubsabgeltungsansprüche auf die Erben eines verstobenen Arbeitnehmers über. Der EuGH entschied 2014 etwas anderes. Das BAG will nun Klarheit aus Luxemburg.

Der Europäischen Gerichtshof (EuGH) wird bald klären müssen, ob die Erben eines während des Arbeitsverhältnisses verstorbenen Arbeitnehmers einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich für den Mindestjahresurlaub haben, welcher dem Arbeitnehmer vor seinem Tod zustand. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) legte dem EuGH am Dienstag entsprechende Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vor (Beschl. v. 18.10.2016, Az. 9 AZR 196/16 (A)).

Konkret geht es um einen Fall aus Nordrhein-Westfalen. Eine Frau fordert dabei vom Arbeitgeber ihres verstorbenen Mannes, ihr den noch ausstehenden Urlaubsanspruch auszuzahlen. Sie verlangt gut 3.700 Euro nebst Zinsen.

Die Vorinstanzen hatten ihr Recht gegeben und sich dabei auf die bisherige Rechtsprechung der Luxemburger Richter berufen. Diese hatten - entgegen der vorherigen Auffassung des BAG - 2014 entschieden, dass ein Beschäftigter mit dem Tod nicht seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub verliert. Deswegen können Erben einen finanziellen Ausgleich für Urlaubstage verlangen, die derjenige bis zu seinem Tod noch nicht nehmen konnte.

Muss das BAG seine Rechtsprechung ändern?

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG können weder Urlaubs- noch Urlaubsabgeltungsansprüche nach § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) i.V.m. § 1922 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf den Erben eines Arbeitnehmers übergehen, wenn dieser während des Arbeitsverhältnisses stirbt.

Bisher habe der EuGH aber nicht die Frage entschieden, ob der Anspruch auf finanziellen Ausgleich auch dann Teil der Erbmasse wird, wenn das nationale Erbrecht dies ausschließt. Außerdem sei in der Rechtsprechung des Gerichtshofs anerkannt, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub erlöschen könne, wenn der Urlaub für den Arbeitnehmer keine positive Erholungswirkung mehr habe. Dies sei beim Tod eines Arbeitnehmers aber naturgermäß der Fall.

Entgegen dem BAG hatte bereits das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin entschieden, dass sich ein Urlaubsanspruch mit dem Tod des Arbeitnehmers in einen Urlaubsabgeltungsanspruch der Erben umwandelt. Soweit das BAG darauf abstelle, mit dem Tod erlösche die höchstpersönliche Leistungspflicht des Arbeitnehmers und damit auch ein (abzugeltender) Urlaubsanspruch, widerspreche dies Artikel 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung in der von dem EuGH erfolgten Auslegung. Der Rechtsprechung des BAG sei daher nicht zu folgen, so die Begründung der Berliner Richter.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BAG legt EuGH vor: . In: Legal Tribune Online, 18.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20896 (abgerufen am: 19.11.2024 )

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