Das BAG wird vorerst keine Entscheidung darüber fällen, ob Arbeitgeber das Tragen eines religiösen Kopftuchs verbieten dürfen. Nachdem der Fall schon den EuGH beschäftigte, haben die Parteien nun einen Vergleich geschlossen.
Im Streit um die Wirksamkeit eines Kopftuchverbots durch den Arbeitgeber wird das Bundesarbeitsgericht (BAG) vorerst keine Entscheidung fällen. Wie das Erfurter Gericht am Dienstag mitteilte, wird eine für den 10. November geplante mündliche Verhandlung nicht stattfinden. Die Parteien haben einen Vergleich geschlossen, hieß es.
Die Entscheidung war mit Spannung erwartet worden. Hintergrund des Rechtsstreits ist der Fall einer Verkaufsberaterin und Kassiererin, die in einer mittelfränkischen Filiale einer bundesweit tätigen Drogeriemarktkette beschäftigt war. Nach ihrer Rückkehr aus der Elternzeit erschien die Arbeitnehmerin mit einem Kopftuch zur Arbeit. Die örtliche Filialleiterin untersagte dies unter Berufung auf die arbeitgeberseitige Kleiderordnung. Dagegen zog die Frau vor Gericht.
Das erstinstanzlich erkennende Arbeitsgericht Nürnberg (Urt. v. 28.3.2017, Az. 8 Ca 6967/14) wie auch das Landesarbeitsgericht Nürnberg (Urt. v. 27.3.2018, Az. 7 Sa 304/17) als Berufungsinstanz gaben der Kassiererin Recht: Zwar stehe dem Arbeitgeber das arbeitgeberseitige Direktionsrecht gem. § 106 Gewerbeordnung (GewO) zu, wonach der Arbeitgeber den Inhalt des Arbeitsverhältnisses bestimmen und damit auch eine Kleiderordnung erlassen dürfe. Allerdings sei hierbei die Religionsfreiheit des Arbeitnehmers zu achten, die in Art. 4 Grundgesetz geschützt sei.
Im Jahre 2019 beschäftigte der Fall dann zum ersten Mal das BAG. Damals sah sich das Gericht an einer abschließenden Entscheidung gehindert und legte dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) das Verfahren im Wege der Vorabentscheidung vor. Das Luxemburger Gericht entschied im Juli dieses Jahres, dass ein Verbot jedweder religiöser Zeichen im Betrieb unabhängig von der Konfession oder Weltanschauung eine mittelbare Diskriminierung wegen der Religion darstelle. Gebe es ein "wirkliches" und vom Arbeitgeber nachgewiesenes Bedürfnis an betrieblicher Neutralität und drohe ohne deren Befolgung eine Beeinträchtigung der unternehmerischen Freiheit aufgrund entsprechender Kundenerwartungen, könne eine solche Neutralitätspolitik allerdings gerechtfertigt sein.
acr/LTO-Redaktion
Vergleich am BAG: . In: Legal Tribune Online, 09.11.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46601 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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