BGH zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen: Auslagenersatzklauseln zweier Geldinstitute unwirksam

08.05.2012

Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des BGH hat auf zwei Verbandsklagen eines Verbraucherschutzvereins gegen eine Sparkasse sowie gegen eine Bank entschieden, dass zwei Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Bankverkehr mit Privatkunden nicht verwendet werden dürfen. Die Klauseln benachteiligten die Verbraucher unangemessen.

Die nachfolgende inhaltlich gleichlautende Bestimmung in Nr. 18 AGB-Sparkassen sowie in Nr. 12 Abs. 6 AGB-Banken ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs unwirksam (Urt. v. 08.05.2012, Az. XI ZR 437/11):

"Auslagen

Die [Sparkasse/Bank] ist berechtigt, dem Kunden Auslagen in Rechnung zu stellen, die anfallen, wenn die [Sparkasse/Bank] in seinem Auftrag oder seinem mutmaßlichen Interesse tätig wird (insbesondere für Ferngespräche, Porti) oder wenn Sicherheiten bestellt, verwaltet, freigegeben oder verwertet werden (insbesondere Notarkosten, Lagergelder, Kosten der Bewachung von Sicherungsgut)."

Der erste Regelungsabschnitt der streitigen Klausel ("Die [Sparkasse/Bank] sei berechtigt, dem Kunden Auslagen in Rechnung zu stellen, die anfallen, wenn die [Sparkasse/Bank] in seinem Auftrag oder seinem mutmaßlichen Interesse tätig wird (insbesondere für Ferngespräche, Porti")) enthält laut Bundesgerichtshof (BGH) keine Preisabrede für eine entgeltliche Dienstleistung der Sparkasse bzw. Bank. Vielmehr gehe es um Auslagenersatz für Tätigkeiten des Geldinstituts im Rahmen eines Auftrags  oder einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag. Nach der - auch im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag geltenden - Vorschrift des § 670 BGB könne der Beauftragte jedoch nur solche Aufwendungen ersetzt verlangen, die er den Umständen nach für erforderlich halten dürfe. Diese Einschränkung sehe die streitige Klausel nicht vor. Sie könne ihr auch nicht im Wege der Auslegung, die am Verständnishorizont eines rechtsunkundigen durchschnittlichen Verbrauchers auszurichten sei, entnommen werden.

Insbesondere ergebe sie sich nicht allein aus dem Begriff der "Auslagen", der auch umgangssprachlich weitgehend mit demjenigen der "Aufwendungen" gleichgesetzt werde. Die bloße Anknüpfung an einen "Auftrag" des Kunden oder an dessen "mutmaßliches Interesse" helfe insoweit ebenfalls nicht weiter, da sich hieraus nichts für die Frage der Erforderlichkeit konkret angefallener Kosten ergebe. Der hiernach eröffneten Inhaltskontrolle halte die Klausel mit ihrem ersten Regelungsabschnitt nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, weil der Sparkasse bzw. Bank danach ein über die gesetzlichen Schranken des § 670 BGB hinausgehender Aufwendungsersatzanspruch gegen ihre Kunden zustehe.

Tätigkeiten liegen allein im Interesse des Geldinstituts

Der zweite Regelungsabschnitt der streitigen Klausel ("oder wenn Sicherheiten bestellt, verwaltet, freigegeben oder verwertet werden (insbesondere Notarkosten, Lagergelder, Kosten der Bewachung von Sicherungsgut")) unterliege ebenfalls der Inhaltskontrolle, so die Richter. Nach ständiger Rechtsprechung seien gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB solche Klauseln kontrollfähig, durch die allgemeine Betriebskosten, Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten oder für Tätigkeiten im eigenen Interesse auf den Kunden abgewälzt werde.

Das treffe auf den zweiten Regelungsabschnitt der angegriffenen Bestimmung zu. Die gesetzliche Einschränkung, dass Aufwendungsersatz nur zum Zwecke der Ausführung des Auftrags bzw. nur dann verlangt werden könne, wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspreche, komme darin nicht zum Ausdruck. Sie lasse sich in diesem Zusammenhang der Klausel gleichfalls nicht im Wege der Auslegung - insbesondere auch hier nicht allein anhand des Auslagenbegriffs - entnehmen.

Zudem lägen die angeführten Tätigkeiten des Bestellens, Verwaltens und Verwertens von Sicherheiten allein im Interesse der Sparkasse bzw. Bank. Die Freigabe von Sicherheiten, mit der das Kreditinstitut regelmäßig nur einer eigenen Verpflichtung nachkomme, sei lediglich die Kehrseite ihrer Bestellung. Der danach eröffneten Inhaltskontrolle halte auch der zweite Regelungsabschnitt der streitigen Klausel gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, weil der Sparkasse bzw. Bank danach ein - zudem uneingeschränkter - Aufwendungsersatzanspruch für in ihrem eigenen Interesse liegende Tätigkeiten zustehe.

tko/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BGH zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen: . In: Legal Tribune Online, 08.05.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6157 (abgerufen am: 12.11.2024 )

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