Jahrzehntelang wurde über schärfere Regeln im europäischen Asylrecht gestritten. Nun hat das EU-Parlament den Plänen zur GEAS-Reform zugestimmt. Bundesinnenministerin Faeser ist erleichtert, andere sehen eine "dystopische Zukunft".
Das Europäische Parlament hat den Weg für die umstrittene EU-Asylreform freigemacht. Nach jahrelangen Diskussionen über das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) stimmten die Abgeordneten am Mittwoch in Brüssel für das geplante Paket. Damit sollen die bisherigen Regeln für Migration in die Europäische Union deutlich verschärft werden.
Demnach sollen die Mitgliedstaaten zu einheitlichen Verfahren an den Außengrenzen verpflichtet werden, damit rasch festgestellt werden kann, ob Asylanträge unbegründet sind, und die Geflüchteten dann schneller und direkt von der Außengrenze abgeschoben werden können. Geplant ist insbesondere ein deutlich härterer Umgang mit Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten. Bis zur Entscheidung über den Asylantrag sollen die Menschen bis zu zwölf Wochen unter haftähnlichen Bedingungen in Auffanglagern untergebracht werden können.
Menschen, die aus einem Land mit einer Anerkennungsquote von unter 20 Prozent kommen, sowie solche, die als Gefahr für die öffentliche Sicherheit gelten, müssen künftig verpflichtend in ein solches Grenzverfahren. Ankommende Menschen können dem Vorhaben nach mit Fingerabdrücken und Fotos registriert werden, auch um zu überprüfen, ob sie eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit sind.
"Entlastung der Kommunen" durch "Entrechtungspaket"?
Bundesinnenministerin Nancy Faeser nannte das Abstimmungsergebnis einen "großen und sehr wichtigen Erfolg". Mit der Einigung habe man "eine tiefe Spaltung Europas überwunden". Das neue GEAS werde zu einer Entlastung der Kommunen führen. "Wir werden irreguläre Migration wirksam begrenzen. Asylverfahren werden schon an den EU-Außengrenzen geführt werden, wenn Menschen nur eine geringe Aussicht auf Schutz haben", so die SPD-Politikerin.
Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die Zustimmung zur Asylreform begrüßt. Damit "beweist die EU in schwierigen Zeiten Handlungsfähigkeit", schrieb Baerbock am Mittwoch auf X. Europa bekomme verbindliche Regeln mit Humanität und Ordnung. Noch unmittelbar vor der Abstimmung hatte Baerbock angesichts kritischer Stimmen aus den eigenen Reihen um Zustimmung geworben. Von allen Parteien waren die Grünen wohl am stärksten zerstritten darüber, ob sie der GEAS-Reform im EU-Parlament zustimmen sollen.
Kritik kam aus den Reihen der Linkspartei. Die fluchtpolitische Sprecherin Clara Bünger nannte die Reform ein "Entrechtungspaket". Sie warnte zugleich vor "verheerenden" Auswirkungen "auf die Lage von Geflüchteten in Europa". Das EU-Parlament habe die Chance vertan, eine "dystopische Zukunft noch abzuwenden". Schon jetzt seien auf den griechischen Ägäis-Inseln Menschen inhaftiert, die nichts anderes getan haben, als einen Asylantrag zu stellen. "Die Zustände in den Haftlagern sind so desaströs, dass selbst Kinder dort Suizid-Versuche unternehmen", so Bünger.
Die Reform muss noch von den EU-Staaten bestätigt werden. Das ist normalerweise eine Formalität. Viele Abgeordnete waren unzufrieden mit dem im Dezember ausgehandelten Kompromiss. Daher war bis zum Schluss offen, ob das Plenum zustimmen wird. Eine Gruppe von Aktivistinnen und Aktivisten störte die Abstimmung am Mittwochnachmittag vorübergehend. Sie riefen von der Besuchertribüne aus: "Dieser Pakt tötet – stimmt dagegen!" Erhört wurden sie nicht.
dpa/mk/LTO-Redaktion
EU-Parlament billigt Asylreform: . In: Legal Tribune Online, 10.04.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54306 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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