Der Arte-Krimi "Mit innerer Überzeugung" basiert auf der wahren Geschichte eines französischen Gerichtsmediziners, der in letzter Instanz trotz zahlreicher belastender Indizien vom Totschlag an seiner Frau freigesprochen wurde. Zuschauer konnten den Prozess im Internet fortspinnen, der Abschluss sollte im März ausgestrahlt werden. Dies hat ein französisches Gericht nun verboten.
Ein französisches Gericht hat in einem Eilverfahren die weitere Ausstrahlung des interaktiven Arte-Krimis "Mit innerer Überzeugung" verboten. Die zuständige Richterin gab damit der Klage eines früheren Gerichtsmediziners statt, der jahrelang des Mordes an seiner Frau verdächtigt wurde. Der mysteriöse Todesfall aus dem Jahr 1999 und die anschließenden Ermittlungen gegen den Franzosen hatten als Vorlage für den Mix aus Fernseh- und Internetproduktion gedient.
Die Anwälte des Mannes argumentierten vor dem Pariser Gericht, der Krimi stelle die Unschuld ihres Mandanten infrage. Der Mediziner war 2013 nach zwei Verurteilungen zu 20 Jahren Haft in letzter Instanz freigesprochen worden. Er gab stets an, seine Frau habe sich selbst getötet.
Interaktive Verhandlungen im Internet
Der deutsch-französische Fernsehsender Arte kündigte noch am Donnerstagabend an, die Gerichtsentscheidung zu respektieren. Man bedauere, das innovative Projekt vorzeitig einstellen zu müssen, hieß es in einer Stellungnahme. Die Produktionsfirma Maha Productions kündigte an, gegen das Verbot Einspruch zu erheben. "Diese Verfügung ist echte Zensur", sagte Anwalt Christophe Bigot nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP.
Der TV-Krimi mit Schauspielern wie Marie Bäumer und Philippe Torreton lief bereits am 14. Februar bei Arte, das Ende des Falls war aber eigentlich erst für Anfang März vorgesehen. Bis dahin sollte auf der Internetseite zum Film eine Webserie laufen, die tagtäglich den abschließenden Prozess behandelt. Die Personen des Films wurden dort mit aus dem Internet ausgewählten Geschworenen und wirklichen Juristen konfrontiert. Sie konnten den Anhörungen folgen, Beweisstücke analysieren und ihre Meinung mitteilen. Zielsetzung sei es gewesen, einen besseren Einblick in die Arbeit der Justiz zu geben, kommentierte Arte.
Der Fall des früheren Mediziners und seiner 1999 erschossen aufgefundenen Frau hatte in Frankreich über Jahre hinweg Schlagzeilen gemacht. Zwei Mal hatten Gerichte den Mann schuldig gesprochen, weil zahlreiche Indizien gegen einen Selbstmord und für ein Tötungsdelikt sprachen. So wurden auf dem als Tatwaffe genutzten Revolver keine Fingerabdrücke und an den Fingern der Toten ungewöhnlich wenige Schmauchspuren entdeckt.
Arte-Krimi hätte auch mit einem Schuldspruch enden können
Die 42-Jährige hatte zudem gerade erst eine Affäre mit einem anderen Mann begonnen und wurde von Angehörigen als keineswegs hochgradig depressiv beschrieben. Dies hatte ihr Ehemann behauptet.
Die Ermittler waren überzeugt, dass der als gerichtsmedizinischer Experte bekannte Arzt mit seinem Fachwissen einen Mord als Selbstmord dargestellt hatte. Ein Geschworenengericht bewertete in letzter Instanz allerdings die Zweifel an seiner Schuld höher. In dem interaktiven Arte-Krimi hätte es ein anderes Urteil geben können.
Manch ein Kritiker dürfte über die Absetzung hingegen nicht so traurig sein. "Arte verheddert sich", hatte beispielsweise die FAZ zu dem Projekt kommentiert. Der Balanceakt zwischen Zweifel und Gewissheit sei häufig recht ungeschickt in Szene gesetzt. Zumindest das französische Publikum zeigte sich allerdings sehr interessiert.
1,4 Millionen Menschen sahen dort den TV-Film - für den Kultursender ein Riesenerfolg.
cvl/dpa/LTO-Redaktion
Französisches Gericht verbietet interaktiven Arte-Krimi: . In: Legal Tribune Online, 01.03.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11200 (abgerufen am: 15.11.2024 )
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