ArbG Köln gibt Klage statt: Teil­nahme am Pots­damer Treffen reicht nicht für eine Kün­di­gung

von Tanja Podolski

03.07.2024

Die Stadt Köln hat einer Mitarbeiterin nach 20 Jahren gekündigt, weil sie an dem von Correctiv aufgedeckten Treffen in Potsdam teilgenommen hat. Eine Teilnahme allein reicht für eine Kündigung allerdings nicht, urteilte das ArbG Köln nun.

Die Stadt Köln durfte ihrer Mitarbeiterin Simone Baum nicht kündigen, nur weil diese am sogenannten Potsdamer Treffen teilgenommen hatte. Das hat das Arbeitsgericht (ArbG) Köln auf die Kündigungsschutzklagen der 64-Jährigen hin entschieden (Urt. v. 03.07.2024, Az. 17 Ca 543/24).

Die Stadt hatte die Frau mehrfach gekündigt, nachdem sie von deren Teilnahme an dem Treffen in Potsdam erfahren hatte. Dort haben nach einer Recherche des Netzwerks Correctiv radikale Rechte über einen "Masterplan für Deutschland" gesprochen.

Weil Baum schon über 20 Jahre bei der Stadt angestellt ist – zuletzt als Managerin im Beschwerdemanagement – konnte die Stadt ihr nicht mehr ordentlich kündigen und sprach außerordentliche Kündigungen aus. Nach Ansicht der Stadt hatte die sie mit ihrer Teilnahme gegen ihre Loyalitätspflicht gegenüber ihrem Arbeitgeber verstoßen.

Keine gesteigerte, sondern nur einfache Treuepflicht

Allein die Teilnahme an dem Treffen rechtfertige im konkreten Fall allerdings keine außerordentliche Kündigung, entschied das ArbG nun. Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung sei nicht gegeben. Baum treffe aufgrund ihrer konkreten Tätigkeit keine gesteigerte politische Treuepflicht, sondern nur eine einfache, teilte das Gericht mit. Geschuldet sei bei Simone Baum wegen ihrer konkreten Position bei der Stadt lediglich ein solches Maß an politischer Loyalität, das für die funktionsgerechte Verrichtung der Tätigkeit unabdingbar sei.  

"Diese einfache Treuepflicht wird erst durch ein Verhalten verletzt, das in seinen konkreten Auswirkungen darauf gerichtet ist, verfassungsfeindliche Ziele aktiv zu fördern oder zu verwirklichen", heißt es weiter in der Gerichtsmitteilung. Allein die Teilnahme an dem Treffen rechtfertige nicht den Schluss, dass sich Baum in innerer Übereinstimmung mit dem Inhalt der Beiträge befunden habe. Ein Eintreten für verfassungsfeindliche Ziele, etwa durch Wortbeiträge im Rahmen des Treffens, habe die beklagte Stadt Köln nicht behauptet, so das Gericht.

Privates hat den Arbeitgeber nicht zu interessieren

Für Arbeitsrechtler kommt die Entscheidung nicht überraschend. "Das, was der Arbeitnehmer in seiner Freizeit macht, ist grundsätzlich dessen Privatangelegenheit und hat den Arbeitgeber nicht zu interessieren. Arbeitsrechtliche Auswirkungen entfaltet das Verhalten erst, wenn das Arbeitsverhältnis durch das außerdienstliche Verhalten konkret beeinträchtigt wird oder der Arbeitnehmer einen Bezug zu seinem Arbeitgeber herstellt", erläutert Prof. Dr. Michael Fuhlrott gegenüber LTO.  

Das gelte nach dem ArbG auch im vorliegenden Fall bei einer Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Diese habe zwar erhöhte Rücksichtnahmepflichten aufgrund ihres Amtes und man dürfe von ihr eine gesteigerte Loyalität erwarten. "Aber auch für die Kündigung einer Angestellten im öffentlichen Dienst ist es notwendig, dass diese aktiv verfassungsfeindliche Ziele verfolgt und hierfür eintritt", so Fuhlrott. Die bloße Teilnahme an einem Treffen, auf dem fremdenfeindliche Äußerungen getätigt werden, reiche dafür nicht aus.

Entscheidend sei auch die konkrete Tätigkeit der Arbeitnehmerin, sagt Fuhlrott. "Vorliegend war diese im allgemeinen Beschwerdemanagement tätig. Wäre die Arbeitnehmerin in leitender Funktion in der Ausländerbehörde tätig, wäre das Urteil womöglich anders ausgefallen."

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht (LAG) Köln eingelegt werden.

Zitiervorschlag

ArbG Köln gibt Klage statt: . In: Legal Tribune Online, 03.07.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54914 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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