Die Staatsanwaltschaft warf dem HSV-Profi Bakery Jatta vor, eigentlich Bakary Daffeh zu sein. Das AG Hamburg-Altona sah hierfür aufgrund seines Reisepasses und des Geburtenregisters aber keine überwiegende Wahrscheinlichkeit.
Dem Fußballprofi Bakery Jatta droht vorerst kein strafrechtliches Verfahren. Am Dienstag hat das Amtsgericht (AG) Hamburg-Altona mitgeteilt, die gegen Bakary Daffeh geführte Anklage der Staatsanwaltschaft nicht zur Hauptverhandlung zugelassen zu haben (Beschl. v. 07.03.2022, Az. 333 Ds 174/21 jug.).
Die Staatsanwaltschaft Hamburg hatte gegen den Spieler des Zweitligisten Hamburger SV Anklage vor dem Jugendrichter erhoben. Nach Auffassung der Strafverfolgungsbehörde handelt es sich bei ihm tatsächlich um den zweieinhalb Jahre älteren Bakary Daffeh. Dem Gambier wurden Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz in vier Fällen (§ 95 Abs. 2 Nr. 2 AufentG) sowie in einem weiteren Fall mittelbare Falschbeurkundung (§ 271 Abs. 1 Nr. 2 StGB) vorgeworfen.
Bakery Jatta, alias Bakary Daffeh
Jatta sei demnach im Sommer 2015 als Flüchtling ohne Pass und Aufenthaltstitel über Italien nach Deutschland gereist. In Bremen habe er sich als Bakery Jatta, geboren am 6. Juni 1998, ausgegeben, wie es in der Anklage hieß. Damit habe er erreichen wollen, dass ihm "wegen der behaupteten Minderjährigkeit und des sich daraus ergebenen Abschiebehindernisses eine Duldung erteilt wird".
Laut Staatsanwaltschaft handele es sich jedoch um Bakary Daffeh, geboren am 6. November 1995. Unter diesem Namen habe der Gambier bei verschiedenen afrikanischen Vereinen als Fußballprofi gespielt. In seinem Heimatland sollen ihm Ausweispapiere mit seiner neuen Identität ausgestellt worden sein, die er bei späterer Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis genutzt habe. Auch eine Fahrerlaubnis soll er unter diesen Angaben beantragt haben.
Die Anklage erfolgte zum Jugendrichter, weil Jatta im angeblichen Tatzeitraum teils Heranwachsender, teils Erwachsener war, aber die meisten Tatvorwürfe nach Jugendrecht zu beurteilen sind.
Keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für Identitätstäuschung
Der zuständige Jugendrichter hat die Eröffnung des Hauptverfahrens nun aber aus tatsächlichen Gründen gem. §§ 203, 204 Strafprozessordnung (StPO) abgelehnt, weil er nach den Ermittlungsergebnissen keinen hinreichenden Tatverdacht sieht. Es besteht nach Auffassung des Gerichts also keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Fußballprofi über seine Identität getäuscht hat.
In einem späteren Hauptverfahren wäre dem HSV-Spieler mit überwiegender Wahrscheinlichkeit insbesondere nicht nachzuweisen, ein unrichtiges Geburtsdatum angegeben zu haben, heißt es als Begründung. Es lägen keine öffentlichen Urkunden vor, die den 6. November 1995 als früheres Geburtsdatum der Person Bakary Daffeh verifizieren könnten.
Reisepass und Geburtsurkunde "streiten massiv" für Jatta
Das AG geht vielmehr mit hinreichender Sicherheit davon aus, dass der Fußballprofi vom HSV Bakery Jatta heißt und am 6. Juni 1998 geboren wurde. Dafür sprächen der von Republik Gambia ausgestellte aktuelle Reisepass und das Geburtenregister der Stadt Gunjur in Gambia, die jeweils das spätere Geburtsdatum auswiesen.
Da gesicherte Erkenntnisse zu dem der Person Bakary Daffeh zugeschriebenen Geburtsdatum fehlten und der als echt anzusehende Reisepass sowie die Geburtsurkunde des Angeschuldigten "massiv für dessen Einlassung streiten", ließe sich höchstwahrscheinlich kein Tatnachweis führen und der Angeschuldigte wäre mangels Beweisen von den Tatvorwürfen freizusprechen, heißt es vom AG.
Die Staatsanwaltschaft kann nun noch gem. § 210 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) sofortige Beschwerde gegen den Beschluss einlegen.
mgö/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
AG Hamburg-Altona eröffnet Hauptverfahren nicht: . In: Legal Tribune Online, 08.03.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47758 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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