Kann jemandem, der für das rechtsextreme Magazin Compact tätig ist, gleichzeitig Verfassungstreue attestiert werden? Nein, findet das VG Frankfurt (Oder) und lehnt den Eilantrag einer Lehramtsreferendarin gegen ihre Entlassung ab.
Unter falschem Namen und mit Perücke soll eine Lehramtsreferendarin für den Nachrichtenkanal des rechtsextremistischen Magazins Compact tätig gewesen sein. Daraufhin hat der Dienstherr sie aus dem Beamtenverhältnis entlassen. Mit ihrem Eilantrag gegen diese Entscheidung vor dem Verwaltungsgericht (VG) in Frankfurt (Oder) ist die junge Frau nun gescheitert. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die angehende Lehrerin "nicht die für die Berufung in das Beamtenverhältnis erforderliche Gewähr der Verfassungstreue bietet", wie es in dem Beschluss heißt, der LTO vorliegt (Beschl. v. 06.06.2024, Az. VG 2 L 78/24).
Ans Licht kamen die Nebentätigkeiten der Referendarin unter anderem durch einen Bericht des Tagesspiegels. In dem Bericht hieß es, an einer Grundschule im Landkreis Märkisch-Oderland in Brandenburg absolviere eine Frau ihr Referendariat, die mehrfach als Moderatorin für den Nachrichtenkanal des Compact-Magazins tätig gewesen sei. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft dieses Magazin seit 2021 als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung ein. "Das Compact-Magazin ist Hass und Hetze in Hochglanz", hatte Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) damals gegenüber dem Tagesspiegel kommentiert.
Das Bildungsministerium hatte der angehenden Lehrerin daraufhin im vergangenen Jahr auch wegen ihrer Verbindungen in die rechtsextreme Szene das Führen der Dienstgeschäfte untersagt und einen Bescheid zur Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf zugestellt. Die Frau habe arglistig über das Vorliegen von Einstellungsvoraussetzungen – hier der Verfassungstreue – getäuscht, was eine Rücknahme ihrer Ernennung nach § 8 Abs. 1 Landesbeamtengesetz Brandenburg i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 1 Beamtenstatusgesetz rechtfertige.
Interviews mit Verfassungsfeinden
Die Referendarin wehrte sich gerichtlich gegen ihre Entlassung mit der Behauptung, nicht gewusst zu haben, dass das Magazin als gesichert rechtsextrem eingestuft worden war. Mit den Inhalten ihrer Moderation habe sie sich nicht auseinandergesetzt. Sie habe aus Geldnot und "weiteren privaten Problemen" angefangen, für den Sender zu arbeiten. Weil ihr der Text zur Anmoderation der Sendungen vorgegeben worden sei und ihr Redeanteil lediglich wenige Minuten der Sendungen ausmachte, sei ihre Tätigkeit ohnehin unbedeutend gewesen.
Das ließ das VG als Argument allerdings nicht gelten. Indem sie verschiedene Sendungen anmoderierte, in denen unter anderem Mitbegründer des "Flügels" der AfD interviewt, staatliche Institutionen delegitimiert oder Narrative aus der "Reichsbürger"-Szene verwendet wurden, habe sie die verfassungsfeindlichen Inhalte nicht bloß hingenommen. Vielmehr habe sie als "Sprachrohr der von Compact vertretenen Ideologie" gewirkt und selbst wiederholt Aussagen getätigt, welche mit der beamtenrechtlichen Pflicht zur Verfassungstreue unvereinbar seien. Den Inhalt der von ihr anmoderierten Beiträge müsse sie sich zurechnen lassen.
Dass sie die Verfassungsfeindlichkeit der von ihr moderierten Sendungen nicht gekannt haben will, nahm ihr das VG ebenfalls nicht ab. "Die Antragstellerin verfügt über die allgemeine Hochschulreife. Das Fach Geschichte war dabei nachweislich ihres Abschlusszeugnisses ihr viertes Prüfungsfach", führt es zur Begründung aus. Es dürfe demnach unterstellt werden, dass sie die Sendungsinhalte als extremistisch erkennen konnte. Das gelte insbesondere, weil Compact zum Zeitpunkt ihres Mitwirkens bereits einige Jahre als gesichert rechtsextremistische Organisation beobachtet wurde und dies auch öffentlich bekannt war.
Perücke und Alias sprechen für Arglist
Außerdem hatte die Lehramtsreferendarin vor Gericht angegeben, dass sie sich gewehrt habe, bestimmte Sätze in den Sendungen zu sagen. Es sei daher anzunehmen, dass sie selbst die Inhalte zumindest teilweise als grenzüberschreitend erachtet hat, so das Gericht. Auch die Tatsache, dass sie ihre Identität durch die Perücke und den Aliasnamen verschleiern wollte, stützen laut Gericht die Annahme einer Arglist. Denn dadurch werde deutlich, dass sich die Antragsstellerin durchaus bewusst gewesen sei, dass ihre Tätigkeit bei Compact für ihren zukünftigen Arbeitgeber relevant sein würde und sie berufliche Nachteile daraus befürchtet habe.
Indem sie ihre Tätigkeit für das Compact-Magazin und die damit verbundene Mitwirkung bei der Verbreitung von rechtsextremistischen und verfassungsfeindlichen Gedankengut verschwiegen hatte, habe sie das Land Brandenburg mithin arglistig getäuscht, entschied das VG. Gegen den Beschluss kann die Antragsstellerin noch Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen.
Dieser Artikel wurde am Tag der Veröffentlichung regelmäßig aktualisiert, nachdem die Redaktion den Beschluss erhalten hatte.
lmb/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
VG zur Entlassung einer Lehrerin aus dem Beamtenverhältnis: . In: Legal Tribune Online, 10.06.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54733 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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