Polen hat eine russische Familie fünf Monate lang in einem mit Stacheldraht umzäunten Zentrum für Asylbewerber untergebracht. Dadurch verletzte der Staat das Recht auf Achtung des Familienlebens, stellte der EGMR am Dienstag fest.
Eine russische Familie hatte 2012 in Polen erfolglos Asyl beantragt. Nach der Ablehnung des Antrags floh sie nach Deutschland. Die deutschen Behörden veranlassten die Abschiebung zurück nach Polen, wo sie fünf Monate in einer stacheldrahtbewehrten Asylunterkunft eingewiesen wurde.
Dadurch verstießen die polnischen Behörden gegen das Recht auf Achtung des Familienlebens, so der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mit Urteil vom 10. April 2018 (Az. 75157/14). Polen muss nun eine Entschädigungszahlung in Höhe von 12.000 Euro an die Familie leisten.
Nach Auffassung des Gerichts gab es keine Gründe, die das mehr als fünf Monate lange Festhalten rechtfertigen konnten. Außerdem hätten es die Behörden versäumt, andere Maßnahmen als die Unterbringung in dem einer Haftanstalt ähnelnden Zentrum ins Auge zu fassen, so die Richter in Straßburg. Die Prüfung erneuter Asylanträge der Familie habe zu lange gedauert - besonders angesichts der Tatsache, dass währenddessen Kinder festgehalten wurden.
tik/LTO Redaktion
Asylbewerber monatelang festgehalten: . In: Legal Tribune Online, 10.04.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/27971 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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