Das AG München hat eine Klage auf Rückzahlung des Ticketkaufpreises für einen ausgefallenen Theaterabend abgewiesen. Dabei kam eine Sonderregel zur COVID-19-Pandemie zur Anwendung - auch bekannt als "Gutscheinlösung".
Ein bayerisches Legal-Tech-Unternehmen hat erfolglos gegen die Gutscheinlösung eines Münchner Theater- und Gastronomieveranstalters geklagt. Das klagende Unternehmen hatte sich die Ansprüche der ursprünglichen Ticketinhaberin abtreten lassen und begehrte nunmehr vor dem Amtsgericht (AG) München die Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 205,80 Euro (Urt. v. 29.09.2020, Az. 154 C 6021/20).
Die ursprüngliche Ticketinhaberin hatte noch vor dem Ausbruch der Pandemie in Deutschland zwei Karten für einen Theaterabend gekauft. Aufgrund der pandemischen Lage wurden dann Mitte März 2020 alle Veranstaltungen vorerst abgesagt. Daraufhin teilte ihr der Veranstalter mit, dass der gebuchte Theaterabend an einem späteren Termin stattfinden solle. Den Karteninhabern wurde dabei zugleich ermöglicht, ihre Karten ersatzweise in Gutscheine umzuwandeln. Dies wollte sie aber so nicht hinnehmen, erklärte deshalb den Rücktritt vom Vertrag und forderte den Veranstalter zur Rückzahlung des Ticketpreises auf. Hierauf reagierte der Veranstalter jedoch mit der Zusendung eines Gutscheins.
Als Zessionar klagte hiergegen nunmehr das Legal-Tech-Unternehmen auf Rückzahlung des Kaufpreises. Ein solcher Anspruch bestehe aufgrund der Unmöglichkeit der Leistungserbringung, argumentierte das Unternehmen. Dieser Ansicht folgte die Richterin des AG München auch insoweit - aber nicht weiter.
Verfassungsmäßigkeit des Art. 240 § 5 EGBGB?
Jedoch sei der Veranstalter derzeit gemäß Art. 240 § 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB zur Verwendung der wegen der Pandemie weit verbreiteten Gutscheinlösung berechtigt, befand das Gericht. Nach der Regelung können Veranstalter dem Ticketinhaber anstelle einer Erstattung des Eintrittspreises einen Gutschein übergeben. Gegen die Norm führte das Unternehmen erhebliche verfassungsmäßige Zweifel an dieser ins Feld.
Das sah die Richterin aber anders. Der Eingriff in Art. 14 GG (Eigentum) durch die Regelung im EGBGB sei gerechtfertigt, denn in der Verhinderung bzw. Verzögerung von drohenden Veranstalterinsolvenzen während der Pandemie liege ein legitimes Ziel, das der Gesetzgeber mit der kurzfristigen Einführung der Norm verfolgt habe. Auch sei der Eingriff geeignet und erforderlich, denn nur durch die Kombination von unmittelbaren Finanzhilfen, der Gutscheinlösung sowie zeitlich beschränkten Insolvenrechtsänderungen ließen sich Insolvenzen tatsächlich verhindern.
Auch sei der Eingriff verhältnismäßig, denn Kulturveranstaltungen seien zwar ein gesellschaftlich wichtiges Gut, aber nicht mit für das Leben existenziellen Anschaffungen zu vergleichen. An der Verhältnismäßigkeit zweifelte das Gericht auch nicht, denn im Falle einer persönlichen Unzumutbarkeit normiere Art. 240 § 5 Abs. 5 EGBGB zusätzlich eine Härtefallregelung, falls die Ticketinhaber:innen im Einzelfall dringend auf Geld statt Gutschein angewiesen sein sollten.
jb/LTO-Redaktion
AG München zum Ticketkauf: . In: Legal Tribune Online, 09.04.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44689 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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