Oftmals werden Hotels mit ihrer Nähe zum Strand beworben. Was hierbei die Bezeichnung "wenige Gehminuten" verdient, hat das AG München jetzt im Falle einer teuren Costa-Rica-Reise ausgelegt.
Für das Werbemerkmal "nur wenige Gehminuten von wunderschönen Stränden entfernt" gilt jedenfalls im Hochpreissegment eine Grenze von fünf Minuten Fußweg. Das hat das Amtsgericht (AG) München entschieden und eine Reiseveranstalterin insoweit zur Erstattung von Kosten für ein Ersatzhotel sowie Schadensersatz für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit in Höhe von insgesamt 1.795 Euro verurteilt (Urt. v. 22.11.2023, Az. 242 C 13523/23).
Geklagt hatte eine Frau, die gemeinsam mit ihrer Tochter eine Rundreise durch Costa Rica für Juli 2022 gebucht hatte. Dazu sollte auch der Aufenthalt in einem Boutique-Hotel an der Pazifikküste für vier Nächte gehören. Dieses Hotel wurde unter anderem als "nur wenige Gehminuten von den besten Restaurants und wunderschönen Stränden entfernt" beschrieben.
An der Rezeption des schönen Boutique-Hotels teilte man der Frau aber mit, man müsse den 25 Gehminuten entfernten Strand mit dem Taxi besuchen. Sie war empört, klagte und führte vor Gericht an, dass das in keiner Weise mehr der vollmundigen Beschreibung "wenige Minuten von wunderschönen Stränden entfernt" entspreche. Die Reiseveranstalterin hielt im Verfahren dagegen, dass man für den Weg von 1,3 Kilometern lediglich 15 Minuten zu Fuß benötige. Eine bestimmte geringe Entfernung sei zudem nie zugesichert worden.
Niemand muss zum Strand rennen
Vor Ort hatte sich die klagende Frau an die lokale Ansprechpartnerin der Reiseveranstalterin gewandt und in Abstimmung mit dieser über eine Buchungsplattform auf eigene Kosten ein Ersatzhotel gebucht. Hierfür erstritt sie nun erfolgreich die Kostenerstattung nebst Schadensersatz (§§ 651i Abs. 2, 3 Nr. 2, 7, 651k, 651n Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).
Das AG München sah in der Entfernung zum Strand einen Reisemangel. Zwischen den Parteien sei unstreitig, dass der Fußweg zum Strand 1,3 Kilometer betrage. Weil es sich um eine reise im Hochpreissegment handelte, begrenzte das AG München "wenige Gehminuten" hier auf maximal fünf Minuten bei normalem Gehtempo. Für die 1,3 Kilometer bedeute dies ein "selbst für erfahrene Läufer ambitioniertes Tempo" von 15,6 Kilometern pro Stunde, rechnete das Gericht vor. Insbesondere weil der Reiseveranstalterin bekannt war, dass die klagende Frau mit ihrer neunjährigen Tochter verreisen wollte, könne ein solches Tempo nicht vorausgesetzt werden.
Weil die Reiseveranstalterin außerdem damit warb, "unvergessbare Luxusreisen" anzubieten, müsse sie sich an ihren eigenen Ansprüchen messen lassen, meint das Gericht. Auch das sei in in diesem Fall letztlich in die Auslegung von "wenige Gehminuten" einzubeziehen.
jb/LTO-Redaktion
AG München zum Reiserecht: . In: Legal Tribune Online, 25.06.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54847 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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