Auch Aktivitäten in der Freizeit können sich auf das Arbeitsverhältnis auswirken. Dass er sich privat über die Corona-Maßnahmen lustig gemacht hat, hat einen Arbeitnehmer in Form eines Vergleichs jetzt den Job gekostet.
Das Arbeitsgericht (ArbG) Osnabrück musste sich in einem aktuellen Fall mit der Frage befassen, inwieweit das außerdienstliche Verhalten auf das Arbeitsverhältnis ausstrahlt (Az.: 2 Ca 143/20). Macht sich ein Arbeitnehmer über die geltenden Corona-Maßnahmen lustig, so könnte dies auch auf den Betrieb zurückfallen, in dem er beschäftigt ist. Einem Techniker, der seit zwei Jahren in dem Betrieb angestellt war, wurde fristlos gekündigt, nachdem er sich privat über das Kontaktverbot lustig gemacht hatte.
Eigentlich wollte sich der Mitarbeiter nur einen Scherz erlauben, den fand sein Arbeitgeber allerdings nicht witzig: Der Techniker hatte ein Selfie von sich und fünf weiteren Männern bei WhatsApp verschickt, die in enger Runde auf dem Boden zusammensaßen und zum Teil Karten spielten. Außerdem hatte er noch die Bilderunterschrift "Quarantäne bei mir" zusammen mit einem Tränen lachenden Smiley hinzugefügt. Zu diesem Zeitpunkt galten umfangreiche Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung des Coronavirus, unter anderem das Versammlungsverbot von mehr als zwei Personen.
Der Arbeitgeber sprach daraufhin die fristlose Kündigung aus. Er hatte erst kurz zuvor noch eine Betriebsversammlung zu Covid-19 Sicherheitsbestimmungen abgehalten, um seine 25 Mitarbeiter vor einer Infektion zu schützen.
Arbeitnehmer: "Nur ein Scherz"
Gegen die fristlose Kündigung klagte der Techniker. Er hielt diese für unbegründet, denn er habe sich nur einen Scherz erlaubt und es sei zuvor auch keine Abmahnung erfolgt. Außerdem sei das Foto Anfang März entstanden, als die Corona-Maßnahmen noch nicht gegolten hätten.
Der Arbeitgeber hingegen fürchtete um im Betrieb befindliche Risikopersonen, die es zu schützen gelte. Er machte geltend, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar sei. Es sei davon auszugehen, dass der Techniker die angeordneten Corona-Schutzmaßnahmen weder ernst nehme noch bereit sei, sich daran zu halten.
Die Frage, ob das außerdienstliche Verhalten eines Mitarbeiters geeignet ist, um das Vertrauen des Arbeitgebers derart zu zerstören, dass es eine fristlose Kündigung rechtfertigt, hatte das Gericht am Ende dann aber doch nicht mehr zu entscheiden: Die Parteien einigten sich am Mittwoch auf einen Vergleich, sagte der Sprecher des ArbG Osnabrück, Thomas Schrader. Demzufolge verliert der Mann zum 31. August seinen Job und wird bis dahin unter Fortzahlung seines Lohns und Abfeierns seines Resturlaubs freigestellt. Als Abfindung bekommt er 2.000 Euro.
Arbeitsrechtler: "Kündigung nur als schärfstes Mittel"
"Wie sich der Arbeitnehmer in der Freizeit verhält, ist grundsätzlich seine Sache", erläutert Prof. Dr. Michael Fuhlrott gegenüber LTO. "Selbst Straftaten in der Freizeit des Arbeitnehmers bleiben arbeitsrechtlich regelmäßig ohne Konsequenz. Ein außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers hat nur dann Folgen, wenn es auf das Arbeitsverhältnis ausstrahlt oder ein Bezug zum Arbeitgeber hergestellt wird", so der Arbeitsrechtler.
"Der vorliegende Fall ist sicherlich grenzwertig", sagt Fuhlrott. Hier könne der Arbeitgeber durchaus die berechtigte Befürchtung haben, dass der Arbeitnehmer auch betriebliche Schutzmaßnahmen womöglich missachtet und dadurch die Gesundheit seiner Kollegen riskiert. Gleichwohl hält Fuhlrott den Ausspruch einer fristlosen Kündigung in solchen Fällen für kritisch: "Eine Kündigung als schärfstes Mittel darf nur dann gewählt werden, wenn alle anderen Optionen wie etwa eine Abmahnung ausgeschöpft sind. Vorliegend hätte es sich auch womöglich angeboten, den Arbeitnehmer zur Vorlage eines ärztlichen Attestes aufzufordern und ihn solange – gegebenenfalls auch unbezahlt – von der Arbeit freizustellen."
vbr/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
ArbG Osnabrück: . In: Legal Tribune Online, 08.07.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42141 (abgerufen am: 04.11.2024 )
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