Wer aus dem Ausland Entschädigungszahlungen für Conterganschäden bekommt, muss sich diese auf die deutsche Conterganrente anrechnen lassen. Eine entsprechende Regelung hält das BVerfG für verfassungsgemäß.
Contergangeschädigte müssen es hinnehmen, dass Entschädigungen, die sie von ausländischen Staaten erhalten, auf die deutsche Conterganrente angerechnet werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden (Beschl. v. 21.11.2023, Az: 1 BvL 6/21) entschieden. Damit ist es nicht möglich, mehr Entschädigung zu erhalten als das Gesetz über die Conterganstiftung für behinderte Menschen (Conterganstiftungsgesetz – ContStifG) vorsieht.
Hintergrund der Entscheidung ist der Fall eines klagenden Contergan-Geschädigten aus Irland, der zusätzlich zur deutschen Conterganrente Leistungen des irischen Staates (Irish Thalidomide Compensation Scheme) bezieht. Bereits seit 1972 leistet die deutsche Conterganstiftung Rentenzahlungen und weitere Leistungen an contergangeschädigte Personen im In- und Ausland. Der §15 Abs. 2 Satz 2 ContStiftG regelt seit 2013, dass Zahlungen, die wegen der Einnahme von Contergan geleistet wurden, auf die nach dem Conterganstiftungsgesetz zu zahlende Kapitalentschädigung und Conterganrente angerechnet werden.
Dass die irischen Leistungen nun auf seine deutscher Conterganrente angerechnet werden sollten, findet der klagende Mann aber alles andere als gut. Zunächst hatte er sich vor den Fachgerichten dagegen gewehrt, jedoch erfolglos. Nachdem er Revision zum Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) eingelegt hatte, setzte dieses das Verfahren erst mal aus und legte dem BVerfG die Frage zur Entscheidung vor. So hatte das BVerfG nun über die Frage zu entscheiden, ob die Anrechnung der Leistungen nach § 15 Abs. 2 Satz 2 ContStifG mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) und dem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) vereinbar ist.
Anrechnung nur ein "moderater" Eingriff
Die Antwort des BVerfG auf den Punkt gebracht: Ja, die Anrechnung ist verfassungsgemäß.
Zwar stelle §15 Abs. 2 Satz 2 ContStiftG einen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) dar. Dieser sei aber gerechtfertigt, so das BVerfG. Der Sinn und Zweck der Vorschrift bestehe nämlich darin, den Empfang von Doppelleistungen zu verhindern. Die Höhe der Leistungen solle sich allein nach der Schwere des Schadens richten und nicht danach, in wie vielen Ländern Contergangeschädigte Ersatzansprüche geltend machen können.
Darüber hinaus führt das BVerfG an, dass die Anrechnung auch nur einen moderaten Eingriff darstelle, schließlich sei mit Erlass der Norm im Jahr 2013 auch gleichzeitig die Höhe der Conterganrente angepasst worden.
Auch sei die Ungleichbehandlung von Empfängern mit gekürztem Auszahlunganspruch gegenüber solchen mit ungekürztem Anspruch gerechtfertigt, so das BVerfG. Die Anrechnungsregelung gelte für alle Personen, die Leistungen nach diesem Gesetz erhalten. Die Tatsache, dass die Auswirkungen der Anrechnungsregelung nicht für alle Betroffenen gleich sind, führe nicht zu einer wesentlichen Ungleichheit der Betroffenen. Denn auch dann, wenn man eine Ungleichbehandlung annähme, wäre diese mangels Verstoßes gegen das Willkürverbot gerechtfertigt. Die Vorschrift sei daher ebenfalls mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
Voraussichtlich dürfte der klagende Ire nach dieser BVerfG-Entscheidung wohl auch vor dem BVerwG erfolglos bleiben. Dann müsste er sich die Zahlungen des irischen Staates auf die monatliche Conterganrente aus Deutschland anrechnen lassen.
xp/LTO-Redaktion
BVerfG zur deutschen Conterganrente: . In: Legal Tribune Online, 10.01.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53600 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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