Das LSG hat das Urteil des SG bestätigt: Der Chefdirigent des Philharmonieorchesters Konstanz steht in keinem Beschäftigungsverhältnis zur Stadt - und unterliegt somit nicht der Sozialversicherungspflicht.
Der 5. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) hat entschieden, dass der Dirigent des Philharmonieorchesters Konstanz selbständig ist und kein Beschäftigungsverhältnis mit dem Musikhaus besteht (Urt. v. 02.06.2021, Az. L 5 BA 142/20).
Seit September 2016 leitet der klagende Dirigent das Philharmonieorchester der Stadt Konstanz auf der Grundlage eines fünfjährigen Dirigentenvertrages. Daraufin hatte die Stadt Konstanz beim Rentenversicherungsträger angefragt, den sozialversicherungsrechtlichen Status des Chefdirigenten festzustellen.
Mit Bescheid hatte dann der Rentenversicherungsträger ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Dirigenten zur Stadt Konstanz festgestellt mit der Begründung, dieser habe den organisatorischen Rahmen einzuhalten, der durch die Stadt einseitig vorgegeben wird. Laut Dirigentenvertrag hat die Stadt die Rechtsmacht, die Durchführung der Beschäftigung einseitig zu bestimmen, so die Versicherung weiter. Ein unternehmerisches Risiko trage der Dirigent daher nicht.
LSG: Risiko liegt beim selbstständigen Chefdirigenten
Diesen Bescheid hatte das Sozialgericht Konstanz (SG) aufgehoben und festgestellt, dass die Tätigkeit als Chefdirigent bei der Stadt nicht der Versicherungspflicht unterliegt. Nach Gesamtabwägung aller Umstände sei er selbständig für die Stadt tätig.
Das LSG hat das Urteil des SG bestätigt und dabei argumentiert: Die Tätigkeit eines Dirigenten könne zwar grundsätzlich sowohl als Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden. Im Fall des klagenden Chefdirigenten überwögen jedoch die Indizien für eine selbständige Tätigkeit. So fehle es in wesentlichen Bereichen an einem Weisungsrecht der Stadt Konstanz und an einer relevanten betrieblichen Eingliederung. Eine Eingliederung könne die Stadt auch nicht damit begründen, dass der Dirigent sich verpflichtet habe, die Stadt bei wichtigen Veranstaltungen zu repräsentieren. Dies sei lediglich als Werbung zu verstehen.
Außerdem trage der Dirigent das volle Ausfallrisiko für Konzerte. Könne er die Konzerte nicht aufführen, gingen ihm rund 80 Prozent seines Honorars verloren. Hinzu komme, dass er die Konzerttermine festlege und das Letztentscheidungsrecht über die Probetermine habe. An Arbeitszeiten sei er auch nicht gebunden. Nur etwa ein Drittel der von ihm international dirigierten Konzerte erbringe er im Auftrag der Stadt. Zudem habe die Stadt nur ein Vetorecht bei der Auswahl von Stücken, die nicht im Einklang mit dem Charakter oder den finanziellen Mitteln der Philharmonie stehen.
cp/LTO-Redaktion
LSG BaWü zum Philharmonieorchester in Konstanz: . In: Legal Tribune Online, 23.06.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45278 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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