Deutschlandweites Netzwerk: Betrüger schi­cken fal­sche Fahr­schüler zur Prü­fung

25.05.2021

In ganz Deutschland haben zwei Männer offenbar an Fahrschüler gegen Geld Stellvertreter für die theoretische Führerscheinprüfung vermittelt. Nun stehen sie wegen des Vorwurfs der Fälschung beweiserheblicher Daten vor Gericht.

Die Führerscheinprüfung bedeutet fast immer Stress und oft genug auch Frustration. Wer sie nicht besteht, für den wird es mitunter teuer - und fahren darf er immer noch nicht. So mag es für einige Fahrschüler ein verlockender Ausweg gewesen sein, einfach jemand anderen zur Prüfung zu schicken.

Zwei junge Männer sollen sich dies zunutze gemacht und Geld von Fahrschülern kassiert haben, um an ihrer Stelle die gefürchtete Theorie-Prüfung abzulegen: Zum Prozessauftakt am Landgericht (LG) Hannover haben die beiden Männer im Alter von 26 und 29 Jahren gestanden, gegen Bezahlung Stellvertreter für die Prüfungen vermittelt zu haben. Die Vorwürfe seien "im Wesentlichen zutreffend", sagte der 29-Jährige am Dienstag laut Erklärung seines Verteidigers. Allerdings betonte er, nur an 71 Taten beteiligt gewesen zu sein - nicht 72, wie die Anklage ihm vorwarf. "Ich bereue sehr, was ich getan habe", zitierte der Anwalt den Mann.

Vor Gericht stehen beide wegen des Vorwurfs der Fälschung beweiserheblicher Daten (Az.: 96 KLs 12/20). Mit der Masche soll der 29-Jährige über 52.000 Euro eingenommen haben, wie der Staatsanwalt sagte. Ihm warf der Anklagevertreter vor, in 72 Fällen Stellvertreter für die theoretische Prüfung vermittelt zu haben - der 26-jährige Mitangeklagte soll in neun Fällen beteiligt gewesen sein. Sie kassierten demnach zwischen 800 und 2.000 Euro je Prüfung. Teils sollen sie selbst die Prüfung für Fahrschüler abgelegt haben.

Polizei: Stellvertreter-Angebot war bekannt

Die beiden sollen im gesamten Bundesgebiet agiert haben, vor allem aber in Hannover. Falsche Fahrschüler ließen sich aber beispielsweise auch in Hildesheim, Braunschweig, Garbsen und Vechta sowie in Lemgo, Bielefeld, Magdeburg, Esslingen und Stuttgart prüfen. Teils seien die Täuschungsversuche bei der Anmeldung aufgefallen - und nicht alle Vertreter hätten die Prüfungen bestanden, sagte der Staatsanwalt.

Der 29 Jahre alte Angeklagte, Vater von zwei Kindern, kündigte über seinen Anwalt an: "Ich werde mich bemühen, das durch die Taten erlangte Geld vollständig zurückzuzahlen." Er verwies aber auf die psychische Belastung, wegen der er sein Studium habe abbrechen müssen. Derzeit lebe er von Sozialhilfe. Der Verteidiger des jüngeren Angeklagten betonte, sein Mandant gestehe "vollumfänglich" - bis auf eine der vorgeworfenen Taten.

Vor allem Analphabeten oder Menschen, die die deutsche Sprache nicht beherrschen, könnten nach Angaben einer Polizeibeamtin ideale Kunden gewesen sein. Das Angebot, Vertreter zu Prüfungen zu schicken, sei bekannt, sagte sie. Die meisten Verfahren gegen die Kunden der mutmaßlichen Betrüger seien abgeschlossen, sagte der Vorsitzende Richter Martin Grote. Der Prozess soll am 1. Juni fortgesetzt werden. Dann wird auch ein Urteil erwartet.

dpa/mam/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Deutschlandweites Netzwerk: . In: Legal Tribune Online, 25.05.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45040 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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