Die USA beziehen künftig kein Öl mehr aus Russland. In Deutschland wird ein Stopp des Gasbezugs über die Pipeline Nord Stream 1 diskutiert. Vertreter der Industrie blicken mit Skepsis auf einen solchen Schritt.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) setzt weiter auf Energieimporte aus Russland, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warnt vor steigender Arbeitslosigkeit und drohender Armut infolge von explodierenden Energiepreisen, die ein Importstopp nach sich ziehen könne. In Deutschland und der Europäischen Union sind die Positionen diesbezüglich aber gespalten, wie sich exemplarisch beim EU-Sondergipfel am Donnerstag in Versailles zeigte.
Die US-Regierung hatte zuletzt bereits einen Importstopp für russisches Öl verhängt. Befürworter eines Energie-Embargos kritisieren, dass deutsche Energieimporte aus Russland den Ukraine-Krieg letztlich mitfinanzieren. Die Unionsfraktion im Bundestag hatte einen Stopp des Gasbezugs über die Pipeline Nord Stream 1 gefordert.
Mit Blick auf schon spürbare Beeinträchtigungen der deutschen Wirtschaft hat der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) vor den Folgen weiterer Sanktionen gegen Russland, etwa eines Gas-Embargos, gewarnt. "In der deutschen Wirtschaft gibt es eine breite Zustimmung für die harten Sanktionen. Denn Krieg ist keine Basis für Geschäfte", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben der Rheinischen Post. Die bisherigen Sanktionen begännen Schritt für Schritt zu wirken.
"Aufgrund konkreter Hinweise aus den Unternehmen wissen wir, dass die Rückwirkungen auf die deutsche Wirtschaft in den kommenden Monaten nicht unterschätzt werden dürfen", sagte Wansleben. "Das gilt nicht nur für weiter steigende Energiepreise, sondern gerade auch für Verwerfungen in den Lieferketten mit großer Breitenwirkung in der Wirtschaft", warnte er.
Auswirkungen auf Inflation, Versorgungssicherheit und Lieferketten
Immer mehr mittelständische Industriebetriebe könnten sich bei diesen Preisen die Produktion in Deutschland nicht mehr leisten. "Hinzu kommt die Sorge, die eigenen Anlagen wegen Energieengpässen zumindest vorübergehend abschalten zu müssen. Diese wirtschaftliche Situation sollte jede Politikerin und jeder Politiker in Europa berücksichtigen", sagte Wansleben.
Auch die Metall- und Elektroindustrie warnte vor dramatischen Folgen. "Wenn Deutschland sich dazu entschließen sollte, kein Gas oder Öl aus Russland mehr zu importieren, würde sich das dramatisch auf unsere Industrie, aber auch auf die Privathaushalte auswirken", sagte der Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Stefan Wolf, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. "Die Inflation wäre zweistellig. Die Versorgungssicherheit wäre ernsthaft gefährdet."
Die Chemie-Industrie verwies auf den großen Verbrauch von Öl und Gas in der Branche. Sollte es wegen eines Energie-Embargos zu längeren Ausfällen von Anlagen kommen, hätte das massive Folgen für die Wertschöpfungsketten in Deutschland, erklärte der Verband der Chemischen Industrie am Freitag.
Rund 95 Prozent aller Industrieerzeugnisse benötigten Chemieprodukte, vom Auto über Computerchips und Dämmmaterialien bis zu Fernsehern, Arzneien und Waschmitteln. "Wer die Energie- und Rohstoffversorgung für die chemische Industrie kurzfristig abschaltet, lähmt auch die gesamte Industrieproduktion am Wirtschaftsstandort Deutschland", so Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup zur dpa.
dpa/sts/LTO-Redaktion
Sanktionen gegen Russland: . In: Legal Tribune Online, 11.03.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47799 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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