Auch bei streitiger Schadenursache besteht eine Leistungspflicht des Versicherers, entschied das LG Essen im Streit zwischen einer Projektgesellschaft, vertreten durch Wilhelm Rechtsanwälte, und Industrieversicherern wegen eines Kraftwerksgroßschadens.
Mark Wilhelm
Im entschiedenen Fall ging es um einen Kesselschaden in einem Steinkohlekraftwerk einer Projektgesellschaft in Duisburg. Bei der Inbetriebnahme des Kraftwerks 2011 traten Risse im Verdampfer auf. Der Verdampfer - eine 90 Meter hohe und 30 Meter durchmessende Stahlkonstruktion - betreibt mit Wasserdampf die Turbine des Kraftwerks.
Umfangreiche Reparaturmaßnahmen waren notwendig und die Inbetriebnahme des Kraftwerks verzögerte sich. Allein der Sachschaden betrug rund 180 Millionen Euro, wobei sich die Parteien über die Höhe des Schadens noch streiten. Zur Absicherung dieser Schäden schloss die Projektgesellschaft eine sogenannte Montageversicherung ab.
Die Montageversicherung ermöglicht bei großen Anlagebauprojekten den Risikotransfer auf Versicherer in Höhe von bis zu mehreren Milliarden Euro. Die Versicherungsprämie für ein einzelnes Projekt liegt regelmäßig im deutlichen Millionenbereich. Vor Jahren noch waren vergleichbare Fälle äußerst selten zwischen den Versicherern und den Anlagebauern streitig.
Die Versicherer gerieten jedoch mit der Projektgesellschaft über diesen Großschaden in Streit. Sie lehnten die Leistung mit wechselnden Begründungen ab, zuletzt mit der Behauptung, es handele sich um einen nicht versicherten Herstellungsfehler. Es habe kein funktionsfähiges Kraftwerk auf die geplante Weise errichtet werden können. Die Beweislast für das Gegenteil habe die Versicherungsnehmerin zu tragen. Deshalb müssten die Versicherer nicht zahlen. Die Projektgesellschaft als Versicherungsnehmerin klagte, was in Industrieversicherungsfällen dieser Größenordnung selten ist.
Die Versicherungsnehmerin hatte eine umfassende Allgefahrenversicherung eingekauft. Auf Basis der Versicherungsbedingungen argumentierten Wilhelm Rechtsanwälte, dass bei Unklarheiten die Schadenursache unerheblich ist, zumal selbst bei mangelhafter Herstellung laut dem Versicherungsvertrag das Projekt versichert sei.
Diese Auffassung teilte das Landgericht (LG) Essen und gab damit der Klage der Projektgesellschaft dem Grunde nach statt (Urt. v. 01.07.2015, Az. 41 O 13/14). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Über die Höhe des versicherten Schadens traf das Gericht noch keine Entscheidung. Die Berufung der Versicherer gegen das Grundurteil ist zu erwarten.
Das LG Essen stellte klar, dass der Versicherungsschutz unabhängig von einer womöglich ungeklärten Ursache besteht. Die Schadenursache steht in Montageversicherungsfällen im Allgemeinen häufig erst nach Jahren fest oder kann mitunter nie vollständig geklärt werden.
Wilhelm Rechtsanwälte für die Projektgesellschaft:
Dr. Mark Wilhelm, Versicherungsrecht, Düsseldorf
Lars Winkler
Christian Becker
Wilhelm Rechtsanwälte: . In: Legal Tribune Online, 31.08.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16731 (abgerufen am: 04.11.2024 )
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