Endgültiges Aus für den Reisekonzern: Insol­venz­ver­fahren für deut­sche Thomas Cook eröffnet

27.11.2019

Das AG Bad Homburg hat das förmliche Insolvenzverfahren für das Reiseunternehmen Thomas Cook eröffnet. Insgesamt sind sechs Gesellschaften des Konzerns betroffen, teilte das Gericht am Mittwoch mit.

Für Thomas Cook, das einst zweitgrößte Tourismusunternehmen in Deutschland, gibt es als Ganzes mangels Investoren keine Zukunft mehr. Wie es heißt, hätte es zwar eine Vielzahl von Interessenten für Thomas Cook gegeben. Aber viele seien vor der Größe des Unternehmens und den Kosten der Anlauffinanzierung zurückgeschreckt.

Das Amtsgericht (AG) Bad Homburg eröffnete daher am Mittwoch das förmliche Insolvenzverfahren über das Vermögen der Thomas Cook GmbH, der Thomas Cook Touristik, Bucher Reisen & Öger Tours, NeckermannUrlaubswelt, Thomas Cook Vertriebs-GmbH und Thomas Cook Airport Service. Es bestellte die bislang vorläufigen Insolvenzverwalter um Ottmar Hermann von der Kanzlei HWW Hermann Wienberg Wilhelm zu Insolvenzverwaltern.

Für Teile von Thomas Cook gibt es jedoch Käufer, dadurch soll gut die Hälfte der einst etwa 2.100 Jobs gesichert werden. So übernimmt beispielsweise der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof 106 der mehr als 120 Reisebüros der Oberurseler. Der türkische Reiseveranstalter Anex Tour erwirbt den Türkeispezialisten Öger Tours und den Last-Minute-Anbieter Bucher Reisen. Die Deals stehen unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Kartellbehörde sowie des Gläubigerausschusses von Thomas Cook.

Haftungssumme reicht nicht für alle Kunden

Für den Zeitraum seit dem Insolvenzantrag am 25. September dieses Jahres bis zum September 2020 gab es früheren Angaben zufolge insgesamt etwa 660.000 Buchungen. Die davon betroffenen Feriengäste sollen von Dezember an entschädigt werden. Klar ist bereits, dass die versicherte Summe bei weitem nicht ausreicht und dass Geschädigte nur einen Teil ihrer Auslagen zurückbekommen.

Die Haftungssumme ist in Deutschland auf 110 Millionen Euro pro Jahr und Versicherung begrenzt. Dem Versicherer Zurich Deutschland zufolge sind allein bis 1. November Schadensmeldungen im Volumen von mehr als 250 Millionen Euro eingegangen. Hinzu kämen die Kosten für die Rückholung von Urlaubern, die zum Zeitpunkt der Insolvenz mit der deutschen Thomas Cook unterwegs waren.

Staatshaftungsklagen gegen Deutschland?

Die Turbulenzen könnten auch ein Nachspiel für den Fiskus haben. Erste Anwälte bringen sich in Stellung. So hat die Kanzlei Mutschke aus Nordrhein-Westfalen nach eigenen Angaben Staatshaftungsklage gegen Deutschland wegen der Insolvenzabsicherung von Pauschalreisen beim Landgericht Berlin eingelegt. Die Kanzlei vertritt nach eigenen Angaben eine Reisende und will für diese Schadensersatz vom Staat.

Die Anwälte werfen dem Gesetzgeber vor, geltendes EU-Recht nicht korrekt umgesetzt zu haben. Die EU-Richtlinie verpflichte die Mitgliedstaaten dazu, Pauschalreisenden im Falle einer Insolvenz des Veranstalters "vollumfänglichen Schutz" zu bieten. Das habe der deutsche Staat versäumt. Ähnlich argumentiert der Verbraucherschutzverein (VSV) aus Wien. In dessen Auftrag ist die Berliner Kanzlei Kälberer & Tittel tätig. Sie plant nach eigenen Angaben ebenfalls eine Staatshaftungsklage.

dpa/ah/LTO-Redaktion

Beteiligte Kanzleien

Zitiervorschlag

Endgültiges Aus für den Reisekonzern: . In: Legal Tribune Online, 27.11.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38921 (abgerufen am: 18.11.2024 )

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