Der deutsche M&A-Markt lief im vergangenen Jahr hervorragend – vor allem für die Verkäufer von Unternehmen. Auch für 2018 sind Marktbeobachter optimistisch; M&A-Anwälte dürfen sich auf eine hohe Auslastung freuen.
Wer derzeit ein Mid- oder Large-Cap-Unternehmen verkaufen will, ist in einer komfortablen Position: Die Käufer stehen Schlange. Denn der Anlagedruck der Finanzinvestoren ist unverändert hoch, die Unternehmen haben prall gefüllte Kriegskassen und Übernahmefinanzierungen bleiben angesichts der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank EZB weiterhin günstig.
Entsprechend stark endete das Jahr 2017. Allen & Overy verzeichnete in dem Bericht "M&A Insights" für den Zeitraum zwischen Oktober und Dezember 2017 im Vergleich zu den vorherigen Quartalen eine deutliche Steigerung des Transaktionsvolumens, während gleichzeitig die Zahl der Deals leicht zurückging.
Highlight, was das Investitionsvolumen angeht, ist die angekündigte Übernahme des spanischen Infrastrukturunternehmens Abertis durch Hochtief für 17 Milliarden Euro – es wäre eine der größten öffentlichen Übernahmen eines ausländischen Unternehmens durch einen deutschen Konzern. In Frankreich will der Versicherungskonzern Allianz den Kreditversicherer Euler Hermes, an dem er bisher 63 Prozent hält, in mehreren Schritten komplett übernehmen.
Komplexität steigt
Vieles spricht dafür, dass sich diese Rallye auch 2018 fortsetzen wird. Die M&A-Experten bei Cleary Gottlieb Steen & Hamilton bezeichnen die Deal-Pipeline für das neue Jahr als "bereits gut gefüllt". Allerdings werde die Durchführung von M&A-Transaktionen hierzulande komplexer, schränkt Dr. Michael J. Ulmer, M&A-Partner im Frankfurter Cleary-Büro, ein: "Die erweiterten Kontrollmöglichkeiten bei ausländischen Investoren und zunehmende politische Einflüsse machen M&A-Prozesse weniger planbar und reduzieren die Transaktionssicherheit."
Aus Sicht von Allen & Overy erweisen sich kartellrechtliche und außenwirtschaftsrechtliche Prüfungen zunehmend als Hindernis für Akquisitionen. Eine wichtige Rolle spiele hierbei die US-amerikanische Außenhandelskommission CFIUS, die etwa den geplanten Verkauf des hessischen Arzneimittelherstellers Biotest an den chinesischen Investor Creat wegen Sicherheitsbedenken zu torpedieren droht.
Störfeuer durch aktivistische Investoren
Auch sogenannte aktivistische Investoren, etwa Hedgefonds, entpuppen sich immer häufiger als Störfaktoren für M&A-Deals. "Aktivistische Investoren wurden durch offensive Öffentlichkeitsarbeit und ihren zunehmenden Einfluss auf die Unternehmenspolitik zu einem wichtigen Faktor im M&A-Bereich", hat Harmut Krause, M&A-Partner bei Allen & Overy, beobachtet.
Dies habe sich 2017 etwa beim Kauf des deutschen M-Dax-Konzerns Stada durch die Finanzinvestoren Bain und Cinven gezeigt - damit endete eine der spektakulärsten Übernahmeschlachten der vergangenen Jahre. Deutlich werde dies auch bei Transaktionen wie der geplanten Fusion Linde/PraxAir und der geplatzten Fusion der Deutschen Börse mit der London Stock Exchange.
Private-Equity-Investoren auf dem Vormarsch
Der Anlagedruck auf Finanzinvestoren blieb 2017 hoch und dürfte auch auf absehbare Zeit nicht zurückgehen. "Nach wie vor können Private-Equity-Häuser bei ihren Investoren enorme Finanzmittel abrufen. Dem stehen aber vergleichsweise wenige Übernahmeziele gegenüber. Private-Equity-Investoren können daher bei den vorherrschenden hohen Kaufpreisen mithalten", sagt Allen Overy-Anwalt Krause. Im vierten Quartal 2017 verkaufte etwa Cinven den schwäbischen Industriekeramik-Hersteller Ceramtec für umgerechnet 2,8 Milliarden US-Dollar an das Private-Equity-Haus BC Partners und zwei kanadische Pensionskassen.
"Das Finanzierungsumfeld für Private-Equity-Investoren ist derzeit hervorragend", meint auch CMS-Partner Oliver Wolfgramm. Trotz der hohen Kaufpreise und aufgrund eines nach wie vor bei vielen Finanzinvestoren starken Anlagedrucks seien sie in einem sehr kompetitiven Marktumfeld auf Augenhöhe mit strategischen Investoren. Für diese werde es daher immer schwerer, mit Unternehmenskäufen eigenes Wachstum und Innovationen zu treiben.
Zum ersten Mal seit 2011, als CMS und das Magazin Finance das M&A-Panel aufgelegt haben, sehen sich die M&A-Vertreter der Unternehmen im Wettbewerb um Zielunternehmen gegenüber den Private-Equity-Häusern folglich nicht mehr im Vorteil. Weil die Finanzinvestoren bereit sind, sehr hohe Kaufpreise zu zahlen, dürfte das einige Verkäufer dazu motivieren, das Unternehmen nicht an einen strategischen Interessenten, sondern an einen zahlungskräftigen Finanzinvestor zu verkaufen, prognostizieren die Panel-Verfasser.
Ausblick bleibt rosig
Für 2018 sind die M&A-Experten in den Kanzleien optimistisch. Allen & Overy-Anwalt Krause rechnet mit einem starken Start in das neue Jahr. "Die Rahmenbedingungen für M&A-Aktivitäten bleiben ausgesprochen positiv. Die EZB dürfte auf absehbare Zeit nicht zu einer restriktiven Geldpolitik zurückkehren, was die Finanzierungssituation dauerhaft begünstigt", sagt er.
Nicht einmal geopolitische Entwicklungen bremsen den Optimismus: Bisher hätten weder der anstehende Brexit noch die Politik der neuen US-Administration die Befürchtungen pessimistischer Beobachter bestätigt, heißt es bei Allen & Overy. Stattdessen könnte die Unternehmenssteuerreform in den USA für einige Impulse sorgen, etwa den Trend zu Binnentransaktionen weiter verstärken.
Auch CMS-Anwalt Oliver Wolfgramm blickt zuversichtlich in die Zukunft: "Wir sehen weiterhin in nahezu allen größeren Verkaufsprozessen Interessenten aus Asien und beraten häufig Investoren aus dem asiatischen Raum auf der Käuferseite", sagt er.
Für strategisch sinnvolle Investitionen in bedeutsamen Industrien gelte dies unverändert fort, obwohl die Regierung in Peking Auslandsinvestitionen und Kapitalbewegungen konsequener beobachtet, um Kapitalabflüsse einzudämmen. Auch die geänderte Außenwirtschaftsverordnung in Deutschland und angedachte ergänzende Regelungen auf europäischer Ebene würden an der guten Marktlage derzeit kaum noch etwas ändern.
ah/LTO-Redaktion
Mergers & Acquisitions: . In: Legal Tribune Online, 02.01.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26249 (abgerufen am: 14.11.2024 )
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