Legal Operations: Unter­stüt­zung für Rechts­ab­tei­lungen

Gastbeitrag von Nico Kuhlmann

12.12.2018

Legal Operations Teams sollen laut einer Studie Komplexität und Kosten rechtlicher Angelegenheiten in den Griff bekommen. Syndizi werden entlastet, juristische Arbeit messbarer – und der Druck auf Kanzleien wächst, erläutert Nico Kuhlmann.

Die Rechtsabteilungen von Wirtschaftsunternehmen stehen vor großen Herausforderungen. Die Anzahl rechtlicher Anfragen aus dem Unternehmen nimmt kontinuierlich zu und die juristische Arbeit wird immer komplexer, gleichzeitig steigt der Kosten- und Zeitdruck.

Unternehmen erwarten von ihren Rechtsabteilungen nicht mehr nur eine schnelle und kostengünstige Abarbeitung aufkommender Anfragen und Streitigkeiten. Vielmehr wird ein messbarer Beitrag zur Wertschöpfung und damit zum Unternehmenserfolg verlangt.

Deshalb etablieren sich sogenannte Legal Operations Team, die die Leistungsfähigkeit der Rechtsabteilungen verbessern sollen. Besonders verbreitet sind diese Teams bereits in US-amerikanischen Unternehmen mit großen Rechtsabteilungen in stark regulierten Märkten. Aber auch in anderen Bereichen bemerken Unternehmen immer mehr, dass solche Teams einen Mehrwert bieten können. Nicht umsonst haben sich bereits Vereinigungen wie das Corporate Legal Operations Consortium (CLOC) und die Legal Operations Group der Association of Corporate Counsel (ACC) zusammengefunden.

Neue Studie: Was genau sind Legal Operations?

Um diese Entwicklung zu begleiten, haben die Boston Consulting Group und die Bucerius Law School eine Studie durchgeführt, die kürzlich unter dem Titel  "Legal Operations: Getting More from In-House Legal Departments and Their Outside Counsel" erschienen ist. Die Studie basiert auf 50 ausführlichen Interviews mit Rechtsabteilungsleitern, Chief Operating Officern von Wirtschaftskanzleien, Geschäftsführern von Rechtsdienstleistungsunternehmen sowie Wissenschaftlern, die den Markt für Rechtsdienstleistungen erforschen.

Die Studie sollte unter anderem herausfinden, welche Aufgaben Legal Operations Teams im Einzelnen haben. Sie kommt dabei zu dem Ergebnis, dass es fünf wesentliche Kernaktivitäten gibt. Dazu zählen das Management der externen Rechtsdienstleistungsanbieter, der rechtlichen Risiken, des vorhandenen Wissens, der Finanzen und der Technologie.

Im Rahmen des Anbieter-Managements steuert ein Legal Operations Team beispielsweise die Beschaffung externer Rechtsdienstleistungen. So beauftragen sie etwa Anwaltskanzleien, Legal-Tech-Anbieter und sonstige Rechtsdienstleistungsunternehmen. Dabei strukturieren und überwachen sie Ausschreibungen und erstellen sowie kontrollieren Service-Level-Vereinbarungen, sitzen also an der Schnittstelle zwischen ihrem auftraggebenden Unternehmen und den Dienstleistern.

Das Risiko-Management durch ein Legal Operations Team umfasst demgegenüber die zentrale Überwachung der rechtlichen Risiken eines Unternehmens. Es entwickelt und implementiert beispielsweise Reporting- und Überwachungs-Tools, um das Risiko des Unternehmens in den verschiedenen Geschäftseinheiten zu identifizieren, zu messen und schließlich am Maßstab der Unternehmensstrategie zu bewerten.

Viele Legal Operations Teams zeichnen sich schließlich dadurch aus, dass sie die Budget- und Finanzplanung der Rechtsabteilung dokumentieren. So erstellen und pflegen diese zum Beispiel die Leistungskennzahlen für die Rechtsabteilung, wozu etwa die Ausgaben für externe Rechtsberatung und Softwarelösungen ebenso zählen wie die Bearbeitungszeit und damit die internen Kosten von rechtlichen Anfragen aus dem eigenen Unternehmen.

Und wozu das alles?

Die oben beschriebenen Kernaktivitäten sind anspruchsvoll und erfordern ganz unterschiedliche Fähigkeiten und Kenntnisse. Laut der Studie lassen sich trotzdem fünf übergreifende Verbesserungsansätze identifizieren, die die Arbeit von Legal Operations Teams prägen. Dazu zählen eine erweiterte Datenanalyse, der vermehrte Einsatz von Technologie, die strategische Planung, die Förderung intra- und interfunktionaler Zusammenarbeit sowie die Standardisierung von Prozessen.

In der Summe sollen diese Ansätze dazu führen, dass die Rechtsabteilung messbar zum Unternehmenserfolg beiträgt. Zum Beispiel, weil sich Syndikusanwälte auf ihre Kernkompetenz konzentrieren können und ihre Zeit nicht mehr mit operativen Aufgaben verbringen müssen.

Effizienzsteigerungen wie diese sparen Kosten und Zeit ein, wodurch sich laut der Studie auch die Zufriedenheit der Angestellten verbessern könnte, da diese sich auf diejenigen Aufgaben konzentrieren können, die vor allem das angeeignete juristische Fachwissen erfordern. Eine höhere Arbeitszufriedenheit sorge wiederum dafür, dass sich die Mitarbeiter dem Unternehmen verbunden fühlen, wodurch es zu weniger Fluktuation unter den Angestellten kommen könne.

Effizientere Rechtsabteilungen erhöhen Druck auf Anwaltskanzleien

Etablieren sich Legal Operations Teams weiter, hat das auch Auswirkungen auf Kanzleien. Sie erleichtern es den Unternehmen unter anderem, die Qualität der externen Rechtsberater besser zu messen und deren Arbeit teilweise in Echtzeit zu verfolgen. Dies wird vermehrt dazu führen, dass Anwaltskanzleien einen Teil des Kosten- und Leistungsdrucks ihrer Mandanten zu spüren bekommen.

Legal Operations Teams können zusätzlich viel besser die verschiedenen rechtlichen Bedürfnisse des Unternehmens entflechten. Das könnte neuen Rechtsdienstleistungsunternehmen dabei helfen, durch neuartige und vor allem günstigere Angebote auf Kosten traditioneller Kanzleien Marktanteile zu gewinnen.

Dass sich Legal Operations Teams weiter verbreiten, bietet Wirtschaftskanzleien aber auch die große Chance, ihre Wettbewerbsfähigkeit und die Mandantenbeziehungen weiter zu verbessern. Anwaltskanzleien, die selbst über Fachleute für Legal Operations verfügen, sind beispielsweise besser in der Lage, die Prozesse in einer Rechtsabteilung nachzuvollziehen. So können sie dem Mandanten unter anderem geeignete Ansprech- und Kooperationspartner zur Seite stellen. Außerdem erhöht sich die Sichtbarkeit von besonders guten Anwälten durch die systematische und fortlaufende Auswertung der Beratungsleistung.

Letztlich sollten aber auch die Universitäten diese Entwicklung im Blick behalten. Für Jura-Studierende könnten insbesondere Erfahrungen im Bereich Projekt- und Change-Management sinnvoll sein, um für die Arbeit in Rechtsabteilungen gerüstet zu sein.

Insgesamt zeigt sich mit dem Aufkommen von Legal Operations Teams eine weitere Facette der zunehmenden Professionalisierung der Rechtsbranche für alle Aspekte, die im Kern keine vertiefte juristische Expertise voraussetzen, aber für den Gesamterfolg unverzichtbar sind.

Der Autor Nico Kuhlmann (@NicoKuhlmann) ist Rechtsanwalt bei Hogan Lovells International LLP in Hamburg.

Zitiervorschlag

Legal Operations: . In: Legal Tribune Online, 12.12.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32685 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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