Der EuGH hat entschieden, dass die Vorgabe zur Zahlung eines Mindestlohns bei der Ausführung öffentlicher Aufträge im Inland europarechtskonform ist. Lindenau Prior hat die Stadt Landau in dem gegen sie angestrengten Verfahren begleitet.
Dr. Ramin Goodarzi
Den Anlass des Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) war eine Postausschreibung der Stadt Landau, in deren Rahmen sich die Bieter schriftlich verpflichten mussten, ihren Mitarbeitern bei der Ausführung der Postdienstleistungen den vergabespezifischen Mindestlohn in Höhe von aktuell 8,90 Euro zu zahlen. Diese Mindestlohnforderung entstammt dem Landestraiftreuegesetz (LTTG).
Ein regionaler Briefzusteller, die RegioPost, lehnte das ab, wurde von der Ausschreibung ausgeschlossen und leitete daraufhin ein Nachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer in Mainz ein. Über eine sofortige Beschwerde gelangte die Angelegenheit zum Oberlandesgericht Koblenz, das den Fall im Jahr 2014 an den EuGH zur Vorabentscheidung verwies.
Der EuGH hatte unter anderem die Frage zu klären, ob der föderale Mindestlohn, der seine Geltung nur für die Erledigung öffentlicher (und nicht privater) Aufträge entfalten kann, mit der europäischen Dienstleistungsfreiheit zu vereinbaren sei. In seiner Entscheidung vom 17. November stellte der EuGH nun fest, dass die streitgegenständliche Regelung des LTTG keinen Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit darstellt (Urt. v. 17.11.2015, Az. C-115/14).
Für Beobachter ist das jetzige Urteil daher eine überraschende Trendwende, die sich mit den Schlussanträgen des Generalanwalts erst kürzlich angedeutet hatte. Denn ausgehend von der "Rüffert"-Entscheidung aus dem Jahr 2008 (Az. C-346/06) urteilte der EuGH noch jüngst anlässlich des Tariftreuegesetzes Nordrhein-Westfalen, dass das Gemeinschaftsrecht Landesregelungen entgegenstehe.
Lindenau Prior & Partner für die Städte Landau, Ludwigshafen, Frankenthal:
Dr. Ramin Goodarzi, Federführung, Vergaberecht/Europarecht, Berlin/Düsseldorf
Jan Horn, Europarecht, Berlin/Düsseldorf
Axel G. Günther für RegioPost GmbH & Co. KG, Bad Dürkheim
Dentons für Deutsche Post AG (Beigeladene im OLG-Verfahren):
Dr. Wolfram Krohn, Vergaberecht, Berlin
Damm & Mann für PostCon (Beigeladene im OLG-Verfahren):
Dr. Thomas Brach, Hamburg
Bundesrepublik Deutschland/Bundeswirtschaftministerium
Andreas Lippstreu
Europäische Kommission
Johan Enegren
Adrián Tokár
Sabine Grünheid
Lindenau Prior & Partner / Axel G. Günther: . In: Legal Tribune Online, 18.11.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17578 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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