Russland dreht im Streit über die Bezahlung von Energielieferungen Polen und Bulgarien das Gas ab. Die Bundesregierung sieht die Versorgung in Deutschland bisher als gesichert.
Nach dem Stopp russischer Gaslieferungen an Polen und Bulgarien sieht die Bundesregierung die Versorgung deutscher Kunden zunächst nicht in Gefahr. "Derzeit ist die Versorgungssicherheit hier gewährleistet", teilte das Wirtschaftsministerium am Mittwoch mit. Die Gasflüsse seien alles in allem stabil.
Der russische Staatskonzern Gazprom hatte im Streit über Zahlungsmodalitäten die Belieferung Polens und Bulgariens eingestellt. Die EU-Kommission kritisierte das russische Vorgehen als Erpressungsversuch, was ein Kremlsprecher zurückwies.
Lieferstopp betrifft Jamal-Pipeline
"Der Hahn wurde zugedreht", sagte Polens Klimaministerin Anna Moskwa am Mittwoch im polnischen Hörfunk. Durch die Jamal-Pipeline fließe kein russisches Gas mehr. Gazprom bestätigte den Lieferstopp, weil die Unternehmen PGNiG und Bulgargaz nicht rechtzeitig in Rubel gezahlt hätten. Sofia und Warschau betonten dagegen, ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllt zu haben.
Gazprom warnte die beiden Länder, russisches Gas anzuzapfen, das über ihr Gebiet an andere Staaten geliefert wird. "Wenn sie unerlaubt russisches Gas aus den Transitmengen für Drittländer entnehmen, werden die Transitlieferungen in dieser Höhe gesenkt."
Über die Jamal-Pipeline fließt normalerweise Gas über Tausende Kilometer von Russland über Belarus nach Polen und bis ins brandenburgische Mallnow, wo das Gas übernommen und Richtung Westeuropa weitergeleitet wird. Allerdings hat die Bedeutung der Verbindung abgenommen. Nach Zahlen der Bundesnetzagentur floss durch Jamal in den vergangenen Wochen wenig oder kein Gas mehr nach Deutschland. Wichtigste Verbindung zwischen Russland und Deutschland ist die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1, die Polen und Belarus umgeht.
Deutschland will Abhängigkeit von russischem Gas minimieren
Deutschland deckte im vergangenen Jahr 55 Prozent seines Gasbedarfs in Russland und arbeitet mit Eile daran, die Abhängigkeit zu verringern. Der Anteil russischer Lieferungen liege inzwischen bei 35 Prozent, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck. Auch die Speicher füllten sich seit März langsam. Die Lage werde sehr genau beobachtet. Der Netzagentur zufolge sind die Füllstände der Speicher mit dem Frühjahr 2017 vergleichbar und höher als etwa im Frühjahr vergangenen Jahres.
Nach früheren Angaben soll der Anteil russischen Gases bis zum Jahresende auf etwa 30 Prozent gesenkt werden, vor allem durch den Ankauf von verflüssigtem Erdgas (LNG). Man arbeite mit Hochdruck daran, LNG-Terminals zu errichten, sagte Habeck. Bis Sommer 2024 soll der Anteil auf 10 Prozent zurückgehen.
Hintergrund des Konfliktes ist ein Streit über die Zahlungsmodalitäten. Kremlchef Wladimir Putin hatte im März gefordert, dass westliche Staaten mit Wirkung zum 1. April Konten bei der Gazprombank eröffnen müssen, um Lieferungen zu bezahlen. Andernfalls würden sie für "unfreundliche" Länder eingestellt.
dpa/sts/LTO-Redaktion
Disput um Zahlungsmodalitäten für russisches Gas: . In: Legal Tribune Online, 27.04.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48271 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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