Britische Studie zum Verhältnis von Anwalt & Mandant: Am Mandantenwunsch vorbei

von Dr. Anja Hall

27.04.2015

80 Prozent der Anwälte glauben, eine überdurchschnittlich gute Leistung abzuliefern. Aber nur 40 Prozent der Mandanten fühlen sich auch überdurchschnittlich gut beraten. Diese Lücke zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung beleuchtet der jüngst erschienene LexisNexis-Bellwether Report zum Verhältnis von Mandant und Anwalt.

Der Mandant von heute ist kostenbewusst, gut informiert, erwartet schnelle Antworten und einen guten Service auch außerhalb der üblichen Bürozeiten – und zugleich ist er weniger loyal als früher und wechselt häufiger den Anwalt. Darüber ist viel geschrieben worden, und die meisten Anwälte sind der Ansicht, dass sie gut auf diese veränderten Anforderungen ihrer Kunden eingestellt sind.

Aber dem ist nicht so. Der Unterschied zwischen dem, was Mandanten von ihrem Anwalt erwarten, und dem, was Anwälte für eine gute Beratung halten, ist gewaltig. Zu diesem Ergebnis kommt der LexisNexis-Bellwether-Report, der sich zwar auf den britischen Markt bezieht, aber einige Erkenntnisse liefert, die auch auf Deutschland übertragbar sind.

Anwälte wissen nicht, was Mandanten wollen

Die Autoren der Studie haben Mandanten unter anderem danach befragt, welche Punkte ihnen bei der Beratung besonders wichtig sind. Und die Anwälte sollten eine Einschätzung abgeben, an welchen Kriterien die Mandanten eine gute Beratung festmachen. Das Ergebnis: Die Meinungen weichen überraschend stark voneinander ab.

Grundsätzlich sind sich die beiden Gruppen zwar einig, dass Kostentransparenz das wichtigste Kriterium ist, wenn es darum geht, den Mandanten zufrieden zu stellen. Allerdings verstehen die Juristen unter Transparenz vor allem, dass sie ihre Abrechnungsmodalitäten erläutern. Mandanten jedoch wollen eine möglichst genaue Aufstellung der Kosten, die auf sie zukommen, oder noch lieber eine Beratung zum Festpreis.

Die zweite Priorität der Kunden ist, dass sie regelmäßig über den Stand ihres Mandats informiert werden. Die befragten Anwälte halten dies aber für eher unwichtig, für sie liegt das auf dem zehnten Platz in der Prioritätenliste. Doch die Zufriedenheitswerte steigen deutlich, wenn sich ein Mandant gut informiert fühlt, schreiben die Autoren der Studie.

Anwälte halten es für den drittwichtigsten Aspekt in der Mandantenbeziehung, dass sie rund um die Uhr persönlich auf Anrufe oder Emails reagieren. Das jedoch ist für ihre Auftraggeber weniger zentral (Rang 5). Diese legen erheblich mehr Wert auf die Informationen über den Verlauf des Mandats und die Kosten, die es verursacht.

Schätzen Anwälte den Wert ihrer Dienstleistung falsch ein?

Die unterschiedlichen Ansichten darüber, was eine gute Beratungsleistung beinhaltet, dürfte auch der Grund dafür sein, dass nur 40 Prozent der befragten Mandanten angeben, von ihren Kanzleien eine überdurchschnittlich gute Leistung zu erhalten - während 80 Prozent der Anwälte der Ansicht sind, diese abzuliefern.

Die Autoren der Studie beobachteten in ihren Interviews außerdem, dass Anwälte häufig andere Kanzleien für schlechten Service kritisierten, während sie der festen Meinung waren, bei ihnen stünde alles zum Besten. "Wenn die Kanzleien ihre eigene Leistung überschätzen, dürfte es schwer werden, sich von den Wettbewerbern in Bezug auf Beratungsqualität abzuheben", schreiben sie.

Die Studie wurde zwischen November 2014 und Februar 2015 in Großbritannien durchgeführt. Aus einer repräsentativen Gruppe wurden 500 Mandanten ausgewählt und online sowie im persönlichen Gespräch befragt. Die 118 Anwälte stammen aus englischen Kanzleien mit bis zu 20 Berufsträgern. Hier erfolgte die Befragung online, per Telefon und im persönlichen Gespräch.

Zitiervorschlag

Anja Hall, Britische Studie zum Verhältnis von Anwalt & Mandant: . In: Legal Tribune Online, 27.04.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15353 (abgerufen am: 03.11.2024 )

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