Die Klagen der Stadt Waltrop gegen die nachträgliche Genehmigung des Steinkohlekraftwerks Datteln 4 bleiben erfolglos. Das VG Gelsenkirchen hat die Klagen gegen das Land NRW, vertreten durch Kapellmann, am Dienstag abgewiesen.
Hendrik Schilder
Juristischer Streitpunkt ist seit Jahren, dass der Kraftwerksbetreiber E.on - heute Uniper - das Steinkohlekraftwerk im Vertrauen auf den städtischen Bebauungsplan von Datteln errichtet hatte. Dieser wich aber vom Landesentwicklungsplan (LEP) ab, der einen Bauplatz fünf Kilometer davon entfernt vorgesehen hatte - teils in Datteln und teils in Waltrop. Deshalb wurde 2009 der schon weit fortgeschrittene Bau des Kraftwerks gerichtlich gestoppt. Mit nachträglichen Änderungen des LEP in den Jahren 2013 und 2014 wurde der Fehler behoben, und E.on hat eine teilweise Genehmigung für den Weiterbau bekommen.
Waltrop, eine Nachbarstadt von Datteln, hatte vor dem Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen wegen dieser nachträglichen Änderungen des LEP durch das Land NRW geklagt. Dabei sei nicht ausreichend Rücksicht auf die Waltroper Planungen genommen worden, argumentiert die Klägerin.
Das VG Gelsenkirchen hat die Klagen nun als unzulässig abgewiesen, weil es eine Verletzung von Rechten der Klägerin nicht hat feststellen können. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Zielabweichungsentscheidungen keine abschließende Aussage über die Zulässigkeit des Kraftwerkes am jetzigen Standort treffen würde, betont das Gericht. Ein Recht auf Konzeptwahrung gebe es nicht (Urt. v. 27.09.2016, Az.: 9 K 2271/14 und 9 K 4438/14).
Anlass für die Abweichungsentscheidungen des Landes NRW seien die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) gewesen (Urt. v. 03.09 2009, Az: 10 D 121/07.NE), wonach der damalige, im Urteil für nichtig erklärte Bebauungsplan der Stadt Datteln und der Regionalplan nicht an die Standortfestlegung im LEP angepasst seien.
Gegen den Bebauungsplan der Stadt Datteln sind noch drei Normenkontrollverfahren beim OVG NRW anhängig, über die das Gericht voraussichtlich Ende dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres entscheiden wird. Auch in diesen Verfahren wird u.a. die raumordnungsrechtliche Zulässigkeit eine Rolle spielen.
Das Kohlekraftwerk in Datteln kann rechnerisch Strom für rund eine Million Menschen liefern. Außerdem ist es für die Produktion von Bahnstrom und die Fernwärmeversorgung der Region ausgelegt. Aus Sicht der Kritiker steht die Anlage zu nah an Wohnhäusern und einem Naturschutzgebiet. Außerdem halten sie das Kohle-Großkraftwerk angesichts der Energiewende für überholt.
Kapellmann war in dem Verfahren mit den Öffentlich-Rechtlern Dr. Hendrik Schilder und Dr. Johannes Grüner auf Seiten des Landes Nordrhein-Westfalen tätig. Wolter Hoppenberg hat die Stadt Waltrop vertreten.
Gegen die Entscheidung des VG Gelsenkirchen kann ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden.
Kapellmann und Partner für das Land NRW:
Dr. Hendrik Schilder, Öffentliches Recht, Düsseldorf
Dr. Johannes Grüner, Öffentliches Recht, Düsseldorf
Wolter Hoppenberg für die Stadt Waltrop:
Thomas Tyczewski, Öffentliches Recht, Hamm
Dr. Anja Baars, Öffentliches Recht, Hamm
Baumeister Rechtsanwälte für Stadt Datteln (Beigeladene):
Dr. Georg Hünnekens
Freshfields Bruckhaus Deringer für Uniper (Beigeladene):
Dr. Herbert Posser
Kapellmann / Wolter Hoppenberg: . In: Legal Tribune Online, 28.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20704 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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