2/2 Kanzlei als verlängerte Werkbank des Mandanten
Die Kommunikation mit den Mandanten wird in Zukunft noch stärker als bisher auf elektronischer Basis und gemeinsamen Datenplattformen stattfinden. Der Mandant wird selbst entscheiden, wann er welche Information abrufen möchte. In einigen Fällen wird die Integration in die IT-Infrastruktur des Mandanten sogar zur Folge haben, dass die gesamte anwaltliche Leistungserstellung durch den Mandanten verfolgt und gesteuert wird.
So wird der Mandant etwa jederzeit auf Informationen wie dem Stand eines Projekts oder den Inhalt der Prozessakte zugreifen können. Der Mandant wird in diesem Szenario über die entstandenen Kosten im Bilde sein oder sich per Knopfdruck Informationen über KPIs (Key Performance Indicators bzw. Leistungskennzahlen, d. Red.) von Prozesskontingenten abrufen und entsprechende Steuerungsmaßnahmen einleiten können. Das Anwaltsbüro wird zur verlängerten Werkbank des mandatierenden Unternehmens.
Neben der Standardisierung wird der Trend zur Spezialisierung anhalten. Spezialisten machen weniger Fehler und sind schneller. Eng damit verbunden sind die Fragen von Off- und Nearshoring oder dem Outsourcing von Aufgaben. Dem Projektmanager als Orchestrator der unterschiedlichen Leistungserbringer fällt in diesem Kontext große Bedeutung zu, da jede vergeudete Zeit der Kanzlei bares Geld kostet.
Schlüsselqualifikation Projektleitung
Erfolgreiche Partner in diesen Geschäftsbereichen sind nicht nur stark in der Geschäfts- und Personalentwicklung, sondern beherrschen auch den professionellen Managementwerkzeugkasten. Projektleitung meint eben nicht nur, dass zum Schluss über das Arbeitsergebnis geschaut und dieses beim Mandanten präsentiert wird. Sondern es bedeutet Budgetverantwortung zu übernehmen, Ressourcen zu planen, Mitarbeitern klare Zielvorgaben zu geben, den Informationsfluss zu sichern sowie die weniger qualifizierten Teammitglieder und externen Dienstleister zu kontrollieren.
Auf der Ebene des Kanzleimanagements ist ein professionelles Controlling unabdingbar. Erfolgreiche Kanzleien wissen, mit welchen Mandanten, Dienstleistungen und Berufsträgern sie Geld verdienen und wo die Kostentreiber sitzen. Neben die Kostenarten- und die Kostenstellenrechnung tritt die Prozesskostenrechnung. Qualitätsmanagement-Konzepte wie Six Sigma oder Kaizen bekommen eine Bedeutung und das ganze Selbstverständnis der Organisation ändert sich.
Dies wird vielen Anwälten nicht gefallen, viel daran ändern können werden sie in den betroffenen Marktsegmenten jedoch nicht. Juristische Qualität war und wird immer die notwendige Bedingung für den Erfolg einer Kanzlei bleiben. Eine hinreichende Bedingung war sie allerdings nie - und wird sie auch in Zukunft niemals sein.
Der Autor Dr. Christopher Holl ist Kaufmännischer Leiter der Versicherungs- und Haftungsrechtskanzlei BLD Bach Langheid Dallmayr in Köln.
Operative Qualität als Wettbewerbsvorteil: . In: Legal Tribune Online, 28.04.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15369 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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