Ob neu gegründete Einheit oder etablierte Großkanzlei: der richtige Name ist für alle Partnerschaften essentiell, wollen sie im umkämpften Anwaltsmarkt bestehen. Warum Neugründer bei der Namensfindung über einen Markenkern nachdenken sollten und was hinter dem Trend zu kurzen Kanzleinamen steckt, erläutert Astrid Kohlmeier.
LTO: Die deutsche Vorgängerkanzlei von White & Case hieß Feddersen Laule Ewerwahn Scherzberg Finkelnburg Clemm – solche Namenungetüme hört man kaum noch. Gibt es also Trends bei der Kanzleinamensgebung?
Kohlmeier: Abgesehen von kleineren Einmann-Kanzleien, die sich immer noch berechtigt nach ihrem Nachnamen benennen, gibt es vor allem bei größeren Einheiten den klaren Trend zur Verkürzung der Namen. Beispiele sind Noerr, Seufert, Bardehle und Linklaters. Alle diese Kanzleien haben in den letzten Jahren erkannt, dass es besser ist, unter einem kurzen und leicht einprägsamen Namen zu firmieren.
Das spiegelt, gerade bei den Großkanzleien, einen eindeutigen Trend hin zu noch mehr unternehmerischer Professionalisierung. Großkanzleien funktionieren mittlerweile immer mehr wie normale Unternehmen, sodass es auch unter strategischen Gesichtspunkten sinnvoll ist, dass die Namen der einzelnen Partner nicht mehr so sehr im Vordergrund stehen.
LTO: Woher kommt dieser Trend?
Kohlmeier: In Zeiten von höherem Wettbewerbsdruck ist es wichtiger, eine große, starke Marke zu prägen und zu etablieren, die bei Partnergemeinschaften dann komprimiert unter einem Eigen- oder Kunstnamen läuft. Das eröffnet zudem Chancen bei der Ausweitung des Angebotes der Kanzleien, weil sie so nicht mehr festgelegt sind auf ein bestimmtes Rechtsgebiet, das früher beispielsweise mit einem bestimmten Partnernamen verbunden wurde.
Wenn nicht mehr alle Partnernamen in der Firmierung auftauchen, ist es auch nicht mehr so schlimm, wenn ein Partner ausscheidet. Dann müssen beispielsweise nicht gleich alle Kommunikationsmittel angepasst werden. Kanzleien werden damit immer mehr zu ganz normalen Unternehmen, in denen viele Angebote unter einer Art "Dachmarke” laufen.
Der Trend zu weniger und kürzeren Namen bedeutet im Übrigen nicht, dass das juristische Business kein People’s Business mehr wäre, das ist es natürlich immer noch. Hier stellt sich dann eher die Aufgabe der richtigen Positionierung einzelner Partner durch geeignete Mittel – in kommunikativer wie vertrieblicher Hinsicht.
Im Sozietätsvertrag die Namensfrage regeln
LTO: Die Hengeler-Spin-offs Held Jaguttis und Berner Fleck Wettich, die Anfang des Jahres an den Start gingen, haben sich nach den Gründungspartnern benannt. Das ist demnach also fast ein wenig altmodisch. Was, wenn einer der Partner ausscheiden sollte?
Kohlmeier: Grundsätzlich hat das Benennen einer Kanzlei nach dem eigenen Namen Tradition. Sinnvoll ist es aber in jedem Fall, sich im Sozietätsvertrag schon darüber Gedanken zu machen, was mit der Marke der Kanzlei - und nichts anderes ist in diesem Fall die Kanzleibezeichnung - geschehen soll.
Von allzu einschränkenden Konstrukten rate ich ab. Kommt es vielleicht irgendwann zu einem Ausscheiden eines Namenspartners und will dieser seinen Namen "mitnehmen", muss die bisherige Kanzlei in ihre nach außen gerichtete Kommunikation investieren. Und auch das ist klar: Jede Umbenennung, egal aus welcher Motivation heraus, kostet Geld und bedarf einer intensiven kommunikativen Begleitung.
Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang übrigens das Internet. Hier zieht eine Umbenennung nach Weggang eines Partners oft noch ganz andere Konsequenzen nach sich. Mit der Einführung einer neuen Domain ergeben sich unter anderem Folgen für das nicht unwichtige Ranking in Suchmaschinen, das man sich gegebenenfalls mühsam durch SEO-Maßnahmen erarbeitet und teuer erkauft hat. Dieses Geld kann bei einem Umzug der Domain auf einen neuen Namen komplett vernichtet werden, sofern man hier nicht bestimmte technische Regeln beachtet.
"Mit jeder positiven Konnotation steigt die Einprägsamkeit des Namens"
LTO: Was ist von Kunstnamen wie Wendelstein zu halten?
Kohlmeier: Am Beispiel Wendelstein und der möglichen Assoziation mit dem gleichnamigen Berg zeigt sich: Für Kenner des Berges kann der Name positiv belegt sein. Mit Wendelstein verbindet das Gehirn vielleicht entsprechende eigene Erlebnisse des Wanderns. Der Wendelstein ist ein bekannter Münchener Hausberg, ist solide und unerschütterlich.
Vielleicht denkt der eine oder andere auch an den Film "Wer früher stirbt, ist länger tot”, denn hier spielt der Berg eine entscheidende Rolle. Mit jeder positiven Konnotation steigt die Merkfähigkeit und Einprägsamkeit eines Namens.
Für Nichtkenner könnte der Name Wendelstein allerdings auch ein Familienname sein, und der reiht sich dann wieder in die Tradition der Kanzleinamensgebung nach Nachnamen ein, sogar wenn gar keiner in der Kanzlei arbeitet, der Wendelstein heißt. Insoweit ist die Kanzleibezeichnung nach einem Berg hier nicht schädlich, sie weist allerdings auch nicht auf eine juristische Unternehmung hin.
Anja Hall, Wie man den perfekten Kanzlei-Namen findet: . In: Legal Tribune Online, 09.10.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13421 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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