Cross-Selling: Potenziale nutzen

von Henning Zander

02.12.2014

Kanzleien haben verschiedene Möglichkeiten, sich neue Einnahmequellen zu erschließen: Sie können versuchen, neue Mandanten zu gewinnen. Oder sie können im Rahmen bestehender Mandatsbeziehungen durch Cross-Selling zusätzliche Umsätze generieren. Wie funktioniert dieses kanzleiinterne Verweisgeschäft? Was gilt es dabei zu beachten?

Bei umfangreicheren Projekten ist es für die meisten Großkanzleien eine Selbstverständlichkeit, dass verschiedene Fachbereiche zusammenarbeiten. Dies ist auch notwendig, weil die Rechtsanwälte auf ihrem Gebiet hochspezialisiert sind. Diese Spezialisierungen lohnen sich aber nur, wenn möglichst aus der ganzen Kanzlei Probleme aus einem Fachgebiet an den jeweiligen Experten weitergegeben werden. Hier setzt Cross-Selling an: Die Rechtsanwälte ergründen den Bedarf ihrer Mandanten  über das eigene Fachgebiet hinweg und versuchen, ihn innerhalb der Kanzlei an Kollegen weiterzuempfehlen.

Naturgemäß ist vor allem für  Full-Service-Kanzleien ein gutes Cross-Selling essenziell. "Der Mandant hat dadurch den Vorteil, dass er seine Fragen nicht an drei unterschiedliche Kanzleien richten muss, sondern dass er einen einzigen zentralen Ansprechpartner hat", sagt Professor Hans-Georg Hahn, Partner und Mitglied des Partnerausschusses bei Luther. Eine Kanzlei kann durch gelungenes Cross-Selling nicht nur ihren Umsatz steigern, sondern bindet den Mandanten auch enger an sich.

Zeit für den Mandanten nehmen

Kanzleien, die Cross-Selling betreiben, wissen viel über ihre Mandanten. Nicht nur, welche rechtlichen Fragen sie haben. Die Kanzleien sind auch über Strategien und Geschäftsentwicklungen informiert. Und haben damit einen Ansatzpunkte für weiteres Geschäft.

"Es macht einen Unterschied, ob ich nur den technisch-rechtlichen Sachverhalt mit meinem Mandanten bespreche, oder mir danach noch Zeit nehme, um mich mit ihm zu unterhalten, wie die Geschäfte laufen", sagt Hahn. Unter Umständen kommt dabei heraus, dass das Unternehmen eine Dependance in Süd-Ost-Asien aufbaut. "Diese Information kann man zum Beispiel aufnehmen und den Kollegen in Asien dazu anzuregen, sich vor Ort vorzustellen."

Cross-Selling bedeutet, den Umsatz beim aktuellen Mandanten zu steigern. Doch die Rechtsanwälte brauchen das nötige Fingerspitzengefühl dafür, wo dieser Ansatz wirklich sinnvoll ist, und wo kontraproduktiv. "Es darf natürlich keine Fehlanreize geben", sagt Professor Hahn. Es sollte darauf geachtet werden, dass dem Mandanten Dienstleistungen angeboten werden, die rechtlich maßgeschneidert und gleichzeitig wirtschaftlich sinnvoll sind. Schließlich hätten die Mandanten ein sehr feines Gespür dafür, was sie brauchen und was nicht. Hierbei sollte man als Kanzlei auch unternehmerisches Verständnis beweisen, findet der Rechtsanwalt.

Eine Grundvorsetzung für das Cross-Selling liegt darin, dass sich die Rechtsanwälte für mehr interessieren als ihren eigenen Fachbereich. "Den sprichwörtlichen Erbsenzähler kann man dabei nicht gebrauchen", sagt Hahn. Nur wer weiß, was auch in anderen Bereichen diskutiert wird, kann seinen Mandanten darauf ansprechen. Bei Luther informieren die einzelnen Fachgruppen die übrigen Rechtsanwälte über bestimmte Marktentwicklungen, Urteile oder Gesetzesänderungen, die für die Mandanten relevant werden könnten.

Eine Frage der Kanzleikultur

Damit wird deutlich: Cross Selling ist eine Frage der Kanzleikultur. Dort, wo die Rechtsanwälte vor allem an ihren Fachbereich denken, Mandanten als ihr Eigentum betrachten und lediglich ihren eigenen Umsatz und Profit im Sinn haben, wird es auch an den notwendigen Voraussetzungen fehlen, um ein funktionierendes Cross-Selling zu betreiben.

Für Gernot Lehr, Partner bei Redeker Sellner Dahs, ist deshalb eine gute interne Kommunikation  Grundvoraussetzung für Cross-Selling. "Um Kollegen weiter zu empfehlen, muss man zuerst wissen, was sie machen und wie sie es machen. Der Austausch unter Kollegen ist deshalb sehr wichtig." Das kann bei Redeker zum einen ein formeller Austausch sein, bei dem Praxisgruppen über aktuelle Aktivitäten der Kanzlei berichten und regelmäßige Anwaltstreffen stattfinden. Oder auch ein informelles Gespräch, etwa bei einer Tasse Kaffee.

Dr. Christian Mensching, Senior Associate, ergänzt: "Oft geht die Initiative vom Mandanten aus. Wenn dieser etwa fragt, ob wir ihm auch in gesellschafts- oder arbeitsrechtlichen Fragen weiterhelfen können, ist es wichtig zu wissen, wer hierfür der richtige Ansprechpartner ist und welchen Tätigkeitsschwerpunkt er hat."

Ein System, das auf Gegenseitigkeit basiert

Cross-Selling kann allerdings auch einen Nachteil haben – nämlich dann, wenn das Vergütungsmodell keine entsprechenden Anreize setzt: Bei Kanzleien mit rein umsatzbasierter Partnervergütung, dem sogenannten Eat what you kill, profitiert derjenige, der eine Weiterempfehlung ausspricht und einen Mandanten an einen Kollegen vermittelt, finanziell nicht davon. Insofern gibt es für ihn eigentlich auch keinen Grund, es zu machen.

Kanzleien, die ihre Partner nach Lockstep vergüten, fällt das Cross-Selling üblicherweise leichter. Denn hier hat jeder Anwalt ein Interesse daran, dass der Topf, aus dem sich die Ausschüttungen bemessen, möglichst groß wird. Doch inzwischen haben auch Kanzleien, die umsatzbasiert vergüten, Modelle entwickelt, bei denen sich die Weiterempfehlung positiv auf das Gehalt oder die Entnahme auswirkt.

Doch unter Kanzleistrategen ist durchaus umstritten, wie weit das Cross-Selling durch die Vergütung angeregt werden sollte. Äußere Anreize brauche eine solche Empfehlungskultur nicht, findet etwa Gernot Lehr. "Diese Empfehlungen sind ja nicht nur altruistisch. Zum einen sind wir alle Teil einer Kanzlei. Zum anderen stärkt eine gelungene Empfehlung ja auch die eigene Beziehung zum Mandanten." Umso wichtiger sei es, es mit dem Instrument des Cross-Selling nicht zu übertreiben. "Es muss situationsangemessen und nicht aufdringlich sein sowie  auf eigenen Kompetenzen basieren", sagt der Rechtsanwalt. Dann ist Cross-Selling für beide Seiten lohnend.

Darauf sollten Sie achten:

  • Tauschen Sie sich mit Ihren Kollegen aus. Erst dadurch gewinnen Sie ein Bild von den Kompetenzen innerhalb der Kanzlei.
  • Nehmen Sie sich Zeit für Ihren Mandanten – über die rechtliche Beratung hinaus. Versuchen Sie, sein Geschäft besser kennenzulernen.
  • Werden Sie nicht aufdringlich. Ihr Mandant hat ein feines Gespür dafür, welche Leistungen er tatsächlich braucht. Und welche nicht.
Zitiervorschlag

Henning Zander, Cross-Selling: . In: Legal Tribune Online, 02.12.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13983 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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