2/2 Mehr arbeiten als in einem Jahr überhaupt möglich?
LTO: Wer den höchsten "Zielbonus" erhalten will, muss aber ganz schön schuften: 2.150 Billable Hours entsprechen bei einem Acht-Stunden-Tag rund 269 Arbeitstagen im Jahr. Aber ein Jahr hat in der Regel nur rund 250 Arbeitstage. Das kann mit normalen Arbeitszeiten also gar nicht klappen.
Engels: Und noch einmal: Unsere Grunderwartung ist eine andere. Wenn aber kurzfristig Kolleginnen und Kollegen ausfallen, muss die Zusatzarbeit von den verbliebenen Team-Mitgliedern gestemmt werden. Das ist eine vorübergehende Belastung, die unserer Meinung nach entsprechend bezahlt werden sollte.
Wir Anwälte sind aber auch Dienstleister - und wenn ein Mandant um 17:30 Uhr mit einem wichtigen Problem anruft, dann erwartet er, dass sein Anwalt sich sofort darum kümmert. Große Transaktionen und die Begleitung wichtiger Prozesse erfordern häufig intensiven Einsatz. Andererseits spricht in ruhigeren Zeiten nichts dagegen, erst um 10 Uhr morgens ins Büro zu kommen oder eine lange Mittagspause zu machen. Und schließlich: Der Erfolgsbonus kann unter Umständen deutlich höher ausfallen als der Zielbonus. Neben dem Einsatz zählt bei uns eben auch die Kreativität.
"Jede Praxisgruppe definiert ihre eigenen Vorgaben"
LTO: Wie berechnen Sie eigentlich Ihre Vorgaben an Billable Hours?
Engels: Die Richtgröße der Billabels ist international festgelegt und liegt bei 1.950 Stunden pro Jahr. Allerdings ist das nur ein rechnerischer Ausgangswert - sozusagen 100 Prozent - und jede Länder-Praxisgruppe definiert einen eigenen Prozentanteil davon als Ziel. Bei 75 Prozent dieser 1.950 Stunden werden also 1.462,5 Stunden erwartet. Die Billable Hours umfassen nicht nur die Arbeit auf Mandaten, sondern auch Pro-Bono-Aktivitäten und Know-How-Management.
LTO: Gibt es abgesehen von der neuen Vergütungsstruktur weitere Pläne für die Associates?
Engels: Wir wollen unter anderem unsere Ausbildungskonzepte neu aufsetzen, mit einem DLA LAB, Lunch Lectures und Secondment. Die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit und zu einem Sabbatical gibt es bereits. Zudem haben wir mittlerweile an jedem Standort einen Personalpartner, an den sich die Associates beispielsweise wenden können, wenn sie ein Problem im Dezernat oder andere Anliegen haben. Und es gibt regelmäßige Personalgespräche.
Harter Wettbewerb um Top-Juristen
LTO: Welche Ziele verfolgen Sie mit diesen Neuerungen?
Engels: Unser Ziel ist eine moderne Personalpolitik. DLA Piper ist in letzter Zeit schnell gewachsen. Jetzt ist der Zeitpunkt der Professionalisierung gekommen und wir ziehen transparente Strukturen ein.
Ein weiterer Aspekt ist, dass wir auf 300 Anwälte wachsen wollen, derzeit arbeiten rund 200 Berufsträger für die Kanzlei. Doch es wird nicht einfacher, gute Mitarbeiter zu finden. Die geburtenschwachen Jahrgänge kommen auf den Arbeitsmarkt und damit gibt es – das ist eine logische Konsequenz - noch weniger Juristen mit Prädikatsexamina. Der Wettbewerb um die Guten wird immer stärker. Unser Ziel ist es deshalb, DLA bei Studenten und Referendaren bekannt zu machen und zu zeigen: Das ist eine gute Mannschaft, da kann man hingehen.
Prof. Dr. Stefan Engels ist Partner im Hamburger Büro von DLA Piper. Er ist spezialisiert auf Gewerblichen Rechtsschutz, Presse- und Äußerungsrecht, Medienrecht sowie Datenschutz. Zudem ist er der für das Personalwesen zuständige Partner in der Sozietät.
Die Fragen stellte Anja Hall.
Anja Hall, Associate-Vergütung: . In: Legal Tribune Online, 10.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22874 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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