Insolvente Fluglinie Niki: Insol­venz­ver­walter im Inter­es­sens­kon­f­likt?

03.01.2018

Wenn es nach Fairplane geht, soll das Insolvenzverfahren über die Fluglinie Niki in Österreich und nicht in Deutschland durchgeführt werden. Das Fluggastrechte-Portal hat Beschwerde beim AG Berlin-Charlottenburg eingelegt.

Die Querelen um die insolvente Air-Berlin-Tochter Niki enden nicht. Die Airline soll eigentlich für 20 Millionen Euro an den zur International Airlines Group (IAG) gehörenden spanischen Billigflieger Vueling verkauft werden – doch dies könnte scheitern. Denn das Fluggastrechte-Portal Fairplane zweifelt die Zuständigkeit des Amtsgerichts (AG) Berlin-Charlottenburg bei dem Insolvenzverfahren an und hat deshalb beim Gericht Beschwerde gegen die Eröffnung des Verfahrens in Deutschland eingelegt. Dies bestätigte Fairplane-Sprecher Prof. Dr. Ronald Schmid am Mittwoch. Gleichzeitig sei ein Insolvenzantrag beim österreichischen Landesgericht Korneuburg gestellt worden.

Fairplane sieht "die Gefahr eines latenten Interessenskonflikts", wenn die Insolvenzverfahren für Air Berlin und Niki in einer Hand liegen. Werde das Verfahren in Österreich durchgeführt, könnten auch die Ansprüche Tausender geschädigter Passagiere besser durchgesetzt werden, glaubt Schmid.

Gericht will am Donnerstag entscheiden

Das Berliner Gericht hatte sich im Dezember für das Insolvenzverfahren für zuständig erklärt, obwohl Niki den Unternehmenssitz in Wien hat. Es sei maßgeblich, in welchem Staat sich der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen der Schuldnerin befinde, hieß es damals zur Begründung. Prof. Dr. Lucas Flöther von der Kanzlei Flöther & Wissing aus Halle, der auch Sachwalter von Air Berlin ist, wurde vom Gericht zum vorläufigen Insolvenzverwalter von Niki bestellt. Der Generalbevollmächtigte von Air Berlin ist Frank Kebekus von der Kanzlei Kebekus et Zimmermann aus Düsseldorf.

Das AG Berlin-Charlottenburg will am Donnerstag über die Beschwerde von Fairplane entscheiden. Es teilte am Mittwoch mit, die Beschwerde habe keine aufschiebende Wirkung. Der Beschluss des Gerichts zur Annahme des Insolvenzverfahrens in Berlin vom 13. Dezember gelte, solange er nicht unanfechtbar aufgehoben werden sollte. Das Gericht kann seinen eigenen Beschluss aufheben oder die Beschwerde dem Landgericht Berlin vorlegen.*

Ein Sprecher des vorläufigen Niki-Insolvenzverwalters Flöther hält den Vorwurf der Interessenkollision für einen Vorwand von Fairplane. Das Fluggastrechte-Portal wolle eigene geschäftliche Interessen durchsetzen.* Dabei sei es, so der Sprecher von Flöther, für die Gläubiger unerheblich, wo das Niki-Verfahren stattfinde. Da sämtliche Flüge von Niki über Air Berlin gebucht wurden, müssten Fluggäste ihre Forderungen bei Air Berlin anmelden. 

Verkauf an Vueling könnte platzen

Zudem habe das Insolvenzgericht bereits im Air-Berlin-Verfahren auf Bitten von Flöther einen Sonderinsolvenzverwalter bestellt, der im Falle möglicher Interessenkollisionen tätig werde. Im Niki-Verfahren habe der vorläufige Verwalter darum bereits Mitte Dezember gebeten, so sein Sprecher gegenüber LTO.  Eine solche Bestellung erfolgt jedoch erst mit der Eröffnung des Verfahrens.* 

Er warnte zudem, dass, sollte die Beschwerde Erfolg haben, der Verkauf von Niki an IAG hinfällig werden könnte. Damit fielen auch die Zahlungen von IAG weg, die Niki zur Aufrechterhaltung des Flugbetriebs brauche. Start- und Landerechte könnten verloren gehen. "Dann gibt es nichts mehr zu verkaufen." 

Vueling will wesentliche Teile von Niki für 20 Millionen Euro übernehmen. Dem müssen die europäischen Wettbewerbshüter noch zustimmen. Für die Zeit bis zum Vollzug der Übernahme stellt die Vueling-Mutter IAG zudem bis zu 16,5 Millionen Euro bereit, um Niki in der Luft zu halten.

EU-Kommission weist Kritik an IAG-Deal zurück

Unterdessen hat die Europäische Kommission hat Kritik an der geplanten Übernahme von Niki durch IAG als "unbegründet" zurückgewiesen. Die Insolvenzverwalter von Niki hätten eine Reihe von Angeboten erhalten und sich in einem unabhängigen Prozess für IAG entschieden, sagte eine Sprecherin der Kommission am Dienstag.

Zuvor hatte bereits die Lufthansa eine Übernahme von Niki ausgehandelt, den Kauf wegen Bedenken der EU-Wettbewerbshüter dann aber abgesagt.

Am Montag hatte der Finanzpolitiker Hans Michelbach (CSU) den Wettbewerbshütern vorgeworfen, den Abbruch der Gespräche zwischen Lufthansa und Niki provoziert zu haben, "um einem bestimmten Investor eine Übernahme zum Schnäppchenpreis zu ermöglichen". Die EU-Wettbewerbsbehörde habe einen Interessenten vergrault, der bereit war, für Niki rund 200 Millionen Euro zu zahlen. "Nun wird die Fluggesellschaft für die lächerliche Summe von 20 Millionen Euro an die britische Holding IAG verscherbelt", sagte Michelbach.

Lufthansa wollte für die österreichische Air-Berlin-Tochter Niki nach früheren Angaben 190 Millionen Euro zahlen. Der Bund hat bisher erst einen Teil seines Überbrückungskredits von 150 Millionen Euro für die insolvente Air Berlin zurück erhalten.

*Updates und Änderungen am 3. Januar, 13:45 sowie 16:14 Uhr

ah/LTO-Redaktion

mit Material von dpa

Zitiervorschlag

Insolvente Fluglinie Niki: . In: Legal Tribune Online, 03.01.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26271 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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