Lange hielt ein aktivistischer Investor den Autozulieferer Grammer in Atem. Nun hat ein chinesisches Unternehmen die Mehrheit übernommen. Als Rechtsberater waren Ashurst, HSF, Latham und Hengeler in den Wirtschaftskrimi involviert.
Der bayerische Autozulieferer Grammer ist jetzt mehrheitlich in chinesischer Hand. Der Autozulieferer Ningbo Jifeng halte nach Ablauf seines Übernahmeangebots an die Grammer-Aktionäre nun 74 Prozent der Anteile, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. Die Investorenfamilie Hastor, mit der sowohl Vorstand, Arbeitnehmer als auch Kunden von Grammer über Kreuz lagen, ist nicht mehr an Bord.
Hastor hatte 19 Prozent der Anteile an Grammer gehalten. Ihre Investmentfirma Cascade teilte am Mittwochabend mit, sie steige aus. Das Engagement bei Grammer hat sich für die Investorenfamilie finanziell jedoch gelohnt: Sie hat gut 50 Millionen Euro daran verdient.
Die Hastors waren Anfang 2016 bei Grammer eingestiegen und versuchten, Vorstand und Aufsichtsrat neu zu besetzen. Das scheiterte aber am geschlossenen Widerstand der anderen Aktionäre, der Arbeitnehmer und der Politik. Die Hastors lagen auch mit den beiden wichtigsten Grammer-Kunden VW und Daimler über Kreuz: Hastor-Zulieferfirmen hatten 2016 die VW-Werke in Wolfsburg und Emden vorübergehend stillgelegt.
Übernahme durch Ningbo Jifeng setzt dem Machtkampf ein Ende
Im Juni hatten Grammer und zwei Unternehmen der Ningbo-Jifeng-Gruppe ein "Business Combination Agreement" geschlossen. Nach dieser Investorenvereinbarung sollte die Jiye Auto Parts GmbH, eine deutsche Gesellschaft, die wie auch Ningbo Jifeng von der Familie Wang kontrolliert wird, ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot für alle ausstehenden Aktien der Grammer abgeben. Es bewertete den Automobilzulieferer mit 772 Millionen Euro. Die chinesische Familie Wang war zuvor bereits mit einer Beteiligung von über 25 Prozent größter Aktionär und Ankerinvestor von Grammer.
Jifeng hat vertraglich zugesichert, dass Grammer selbstständig und börsennotiert bleibt, zudem sind alle Standorte für fünf Jahre und alle Arbeitplätze für siebeneinhalb Jahre garantiert.
Ein Team von Herbert Smith Freehills begleitete für die Familie Wang die Transaktion. Zum chinesischen Recht beriet ein Team von King & Wood Mallesons. Die Commerzbank war Financial Advisor von Ningbo Jinfeng bei der Übernahme; Latham & Watkins beriet das Finanzinstitut rechtlich.
Ashurst beriet Grammer. Die Kanzlei begleitet das Unternehmen seit einigen Jahren, es betreute den Zulieferer im vergangenen Jahr auch bei der erfolgreichen Abwehr des feindlichen Übernahmeversuchs durch Hastor.
Die Shanghai Pudong Development Bank finanzierte das öffentliche Übernahmeangebot für Ningbo Jifeng; ihre Rechtsberater waren Hengeler Mueller und die chinesische Sozietät JunHe.
Keine Bedenken bei Kartellbehörden und Politik
Die Kartellbehörden haben der Übernahme bereits zugestimmt, teilte Jifeng mit. Jifeng-Vorstandschef Yiping Wang forderte die verbliebenen Grammer-Aktionäre auf, ihre Anteile in der laufenden zweiwöchigen Nachfrist ebenfalls noch einzureichen.
Grammer beschäftigt 15.000 Mitarbeitende, davon 2.000 am Hauptsitz Amberg. Das Unternehmen stellt Mittelkonsolen und Kopfstützen für Autos her sowie Sitze für Baumaschinen und Traktoren. An der Börse ist Grammer rund 770 Millionen Euro wert.
Von der Politik gab es keine Bedenken gegen die Übernahme durch ein chinesisches Unternehmen. Die Bundesregierung hatte kürzlich den Einstieg eines chinesischen Staatskonzerns beim deutschen Stromnetzbetreiber 50 Hertz verhindert und ist gerade dabei, die Hürden für Übernahmeversuche in sensiblen Bereichen zu erhöhen. Die Volksrepublik will in 30 Jahren in sämtlichen wichtigen Industriesparten weltweit führend sein. Um das zu erreichen, kaufen chinesische Investoren auch europäische Technologiefirmen.
ah/LTO-Redaktion
mit Material von dpa
Ashurst für Grammer (Investorenvereinbarung):
Dr. Thomas Sacher, Federführung, Corporate, Partner, München
Reinhard Eyring, Federführung, Corporate, Partner, Frankfurt
Volker Germann, Corporate, Counsel, Frankfurt
Martina Rothe, Corporate, Counsel, Frankfurt
Dr. Gerrit Clasen, Corporate, Counsel, Frankfurt
Dr. Philip Cavaillès, Corporate, Counsel, Frankfurt
Herbert Smith Freehills für die Familie Wang (Investorenvereinbarung):
Dr. Markus Lauer, Federführung, Gesellschaftsrecht/M&A, Partner, Frankfurt
Dr. Ralf Thaeter, Federführung, Gesellschaftsrecht/M&A, Partner, Berlin
Kai Liebrich, Finance, Frankfurt
Dr. Michael Dietrich, Kartellrecht, Düsseldorf
Dr. Mathias Wittinghofer, Disputes, Frankfurt
Dr. Julius Brandt, Gesellschaftsrecht/M&A, Senior Associate, Frankfurt
Dr. Timo Bühler, Gesellschaftsrecht/M&A, Senior Associate, Frankfurt
Matthias Gippert, Finance, Senior Associate, Berlin
Andrey Latyshev, Finance, Senior Associate, Frankfurt
Dr. Marcel Nuys, Kartellrecht, Senior Associate, Düsseldorf
Tilmann Hertel, Disputes, Senior Associate, Frankfurt
Dr. Genevieve Baker, Gesellschaftsrecht/M&A, Associate, Berlin
Julian Gebauer, Gesellschaftsrecht/M&A, Associate, Berlin
Brigitte Sommer, Gesellschaftsrecht/M&A, Associate, Frankfurt
Tom O'Neill, US-Recht, Partner, London
Jonathan Cross, US-Recht, Counsel, New York
Elizabeth Bramon, US-Recht, Associate, London
Hengeler Mueller für Shanghai Pudong Development Bank:
Dr. Hendrik Haag, Bank- und Kapitalmarktrecht, Partner, Frankfurt
Dr. Changfeng Tu, Gesellschaftsrecht/M&A, Partner, Schanghai
Rudolf Mehl, Bank- und Kapitalmarktrecht, Associate, Frankfurt
Henrik Gildehaus, Bank- und Kapitalmarktrecht, Associate, Frankfurt
JunHe für Shanghai Pudong Development Bank (laut Marktinformationen)
Latham & Watkins für Commerzbank:
Dr. Stefan Widder, Corporate/M&A, Partner, Hamburg
David Blumental, Corporate/M&A, Partner, Hongkong
Vincent Jiang, Corporate/M&A, Associate, Schanghai
HSF / Ashurst / Hengeler / Latham: . In: Legal Tribune Online, 10.08.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/30273 (abgerufen am: 01.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag