In Deutschland entsteht eine neue Großkanzlei. Die führenden Wirtschaftskanzleien Gleiss Lutz, Hengeler Mueller und Freshfields Bruckhaus Deringer schließen sich zusammen. Mit der überraschenden Fusion geht auch eine strategische Neuausrichtung einher. Die neue Kanzlei wird sich komplett aus der wirtschaftsrechtlichen Beratung zurückziehen und sich künftig auf Verkehrsrecht fokussieren.
Aus dem Zusammenschluss der drei Kanzleien entsteht Deutschlands größte Sozietät mit fast 1.000 Anwälten, darunter 256 Partnern. "Wir haben genügend Geld mit der Beratung bei großen M&A-Transaktionen verdient, nun suchen wir nach einer neuen juristischen Herausforderung im Verkehrsrecht", heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung von Gleiss Lutz, Hengeler Mueller und Freshfields Bruckhaus Deringer.
Man sehe in dem Bereich erhebliches Potenzial für interessante Mandate, dies habe etwa der Fall Marco Reus gezeigt. Der Fußballprofi war Ende 2014 in die Schlagzeilen geraten, weil er wegen Fahrens ohne Führerschein mehr als eine halbe Million Euro Strafe zahlen musste.
Erfahrene Verkehrsrechtler stehen dem neuen Konkurrenten naturgemäß skeptisch gegenüber. "Das hat uns gerade noch gefehlt", sagt ein Anwalt, der ungenannt bleiben will. Mehrere Stimmen weisen darauf hin, dass die Großkanzleianwälte "ohne Zweifel hervorragende Juristen" seien, allerdings von Verkehrsrecht "überhaupt keine Ahnung" hätten.
Namensfrage noch ungeklärt
In den betroffenen Kanzleien herrscht euphorische Aufbruchsstimmung, und es haben sich spontane Arbeitsgruppen gebildet, in denen sich die Juristen im Verkehrsrecht weiterbilden. Noch sind allerdings einige wichtige Fragen ungeklärt, vor allem ist offen, unter welchem Namen die neue Kanzlei am Markt auftreten will.
Bereits fest steht, dass die deutschen Büros von Freshfields Bruckhaus Deringer aus der internationalen Kanzlei ausscheiden, daher auch den Namen "Freshfields" nicht mehr führen werden. Nach LTO-Recherchen gibt es bei Gleiss und Freshfields eine Gruppierung, die den Kanzleinamen "Deringer Legal" favorisiert. "Denn Arved Deringer war nicht nur Namenspartner von Freshfields Bruckhaus Deringer. Er hat auch in den 50er Jahren mit Alfred Gleiss eine gemeinsame Kanzlei in Stuttgart geführt", gibt das Gleiss-Management zu bedenken.
Dieser Vorschlag soll indes auf erheblichen Protest aus den Praxisgruppen für Kartellrecht bei Freshfields und Gleiss gestoßen sein. Sie wollen den Wettbewerbsrechtler Deringer nicht in Verbindung mit dem Verkehrsrecht sehen. Auch bei Hengeler Mueller hält man die Namensidee für "wenig kreativ", verlautete aus dem dortigen Kanzleimanagement. Hengeler hatte dem Vernehmen nach vorgeschlagen, die neue Kanzlei unter Hengeler Mueller firmieren zu lassen, was von Freshfields und Gleiss rundheraus abgelehnt wurde. "Die spinnen wohl", empörte sich ein Freshfields-Partner gegenüber LTO. Wie zu hören war, haben die Managing Partner der drei Kanzleien nun einen Mediator eingeschaltet, der bei der Namenssuche helfen soll. "Schließlich wollen wir möglichst schnell die Arbeit aufnehmen und verkehrsrechtliche Mandate betreuen", heißt es.
Anja Hall, Überraschender Strategie-Schwenk: . In: Legal Tribune Online, 01.04.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15120 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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