Freshfields lässt sich in moralischen Fragen künftig von einem Ethikkomitee beraten. Den Vorsitz des neuen Gremiums übernimmt der ehemalige Verfassungsrichter Udo di Fabio.
Ein prominent besetztes Ethikkomitee und Regeln für ethisch und berufsrechtlich einwandfreies Verhalten - Freshfields Bruckhaus Deringer zieht offensichtlich Lehren aus ihren Verwicklungen in den Cum-Ex-Steuerskandal.
Wie die Kanzlei am Dienstag mitteilt, wird sich das deutsche Management in Zukunft bei ethischen Fragen der Mandatsführung von einem Ethikkomitee beraten lassen. Außerdem habe man in einem Regelwerk berufsrechtliche Vorgaben und ethische Handlungsmaximen schriftlich niedergelegt und veröffentlicht. Diese Grundsätze und Verhaltensregeln würden für alle in Deutschland tätigen Anwälte und Mitarbeitenden gelten und seien Gegenstand von kanzleiinternen Fortbildungen und Personalgesprächen.
Die Aufgabe des Ethikkomitees wird es sein, die Einhaltung und Weiterentwicklung dieser Regeln zu überwachen. Zudem soll es "im Hinblick auf spezifische Beratungsfelder die notwendigen kanzleiinternen Diskussionen zu ethischen Fragen anwaltlichen Handelns beratend unterstützen", aber auch eigene Impulse setzen. Anwälte und Mitarbeitende von Freshfields können das Ethikkomitee anrufen, laut Kanzleimitteilung auch anonym.
Geleitet wird das Gremium von Professor Dr. Dr. Udo Di Fabio, ehemaliger Richter am Bundesverfassungsgericht. Weiter zählen die Partner Dr. Barbara Keil und Dr. Michael Josenhans zu den neuen Ethikwächtern bei Freshfields, zudem der Of Counsel und ehemalige Partner Dr. Christoph von Bülow.
Bekenntnis zur "ethischen Dimension" der Anwaltsarbeit
Man bekenne sich mit diesen Schritten "zur ethischen Dimension anwaltlichen Handelns", die in jüngerer Zeit verstärkt im Cum-Ex-Kontext thematisiert worden sei, schreibt die Kanzlei in ihrer Mitteilung weiter.
Die Beratung im Zusammenhang mit den umstrittenen Aktiendeals hat Freshfields in der Tat zuletzt in einige Schwierigkeiten gebracht und die Top-Kanzlei viel Ansehen gekostet. Steuerrechtler der Sozietät haben ihre Mandanten jahrelang zu den Steuerdeals beraten, die das Landgericht (LG) Bonn kürzlich als illegal bezeichnete.
Die Kanzlei ist in den Fokus der Ermittler geraten und durchsucht worden. Ein ehemaliger Partner muss sich wegen schwerer Steuerhinterziehung verantworten - im Januar hat die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt Anklage gegen ihn erhoben. Sie hat dabei auch beantragt, Freshfields in das Verfahren einzubeziehen. Der Kanzlei droht eine Geldbuße von maximal 15 Millionen Euro.
Allerdings hat die Sozietät schon eine viel höhere Summe im Zusammenhang mit der Cum-Ex-Beratung bezahlt. Der Insolvenzverwalter der Maple Bank hatte sie beim LG Frankfurt auf 95 Millionen Euro Schadensersatz wegen Falschberatung verklagt. Im August 2019 haben sich die Parteien verglichen und Freshfields zahlte 50 Millionen Euro.
Doch nicht nur wegen Cum-Ex ist Freshfields zuletzt in die Kritik geraten. Auch die Arbeit für den Deutschen Fußball Bund (DFB) bei der Aufklärung der "Sommermärchen-Affäre" rund um die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2006 an Deutschland ist zuletzt erneut bemängelt worden.
Die Kanzlei hatte bei ihrer Untersuchung keine Hinweise für eine gekaufte WM gefunden - und dafür fünf Millionen Euro Honorar in Rechnung gestellt. Wie die Süddeutsche Zeitung am Dienstag berichtet, will der DFB jetzt eine Detektei damit beauftragen, die Sommermärchen-Affäre aufzuklären.
ah/LTO-Redaktion
Nach Kritik an Cum-Ex-Beratung: . In: Legal Tribune Online, 19.05.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41663 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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