Frauenförderung in der Großkanzlei: Quote? Nein, danke

von Dr. Anja Hall

04.12.2014

2/2: Nationale Kanzleien scheuen die Quoten-Debatte

Es sind vor allem internationale Kanzleien, die sich eine "Frauenquote" verordnen. Dies mag daran liegen, dass in den angelsächsischen Ländern Themen wie Diversity und Corporate Social Responsibility schon tiefer im Wirtschaftsleben verankert sind als hierzulande. Auch scheinen die Vorbehalte gegenüber einer Quotenregelung geringer. Nationale Kanzleien sprechen sich im Gegensatz dazu auffallend oft ganz eindeutig gegen eine verbindliche Zielmarke aus – meist wird die Gleichbehandlung von Männern und Frauen als Grund genannt.

"Wir haben keine Quote, da sich Personalentscheidungen bei uns ausschließlich nach der fachlichen und persönlichen Qualifikation richten", sagt etwa Astrid Arndt, Director Professional Development und Recruiting bei Hengeler Mueller. Dass der Kanzlei die Frauenförderung aber egal wäre, kann man nicht behaupten. "Die Erhöhung des Frauenanteils bei Hengeler Mueller ist schon seit vielen Jahren erklärtes Ziel der Sozietät. Wir fördern dies durch zahlreiche Maßnahmen, zum Beispiel den jährlichen Women’s Day und Leadership-Seminare für Frauen sowie – für alle Associates – Teilzeitangebote auf allen Karrierestufen, Krippenplätze und Unterstützung durch einen Familienservice." Dass die Förderung Früchte trägt, davon ist man bei Hengeler überzeugt. Bei der diesjährigen Partnerrunde wurden zwei Frauen in die Partnerschaft befördert, kein einziger Mann.

Auch Elisabeth Lepique, Managing Partnerin von Luther, hat sich in einem LTO-Interview vor wenigen Monaten kritisch zu einer Frauenquote geäußert, weil diese nur für Spitzenpositionen gelte. Sie sprach sich für eine breit angelegte Karriereförderung aus, die Frauen und Männer gleichermaßen erfassen sollte.

Frauenanteil sinkt mit den Jahren

Abgesehen von der gesellschaftspolitischen Debatte um die Gleichberechtigung der Geschlechter gibt es einen ganz handfesten, wirtschaftlichen Grund, weshalb sich Kanzleien für einen höheren Frauenanteil einsetzen. Die Top-Kanzleien berichten beinahe einstimmig, dass der Anteil der Bewerberinnen bei gut 50 Prozent liegt, es interessieren sich also in etwa gleich viele Männer wie Frauen für den Beruf des Wirtschaftsanwalts. Auch auf den Associate-Rängen ist das Geschlechterverhältnis noch einigermaßen ausgewogen.

Allerdings sinkt der Frauenanteil in den allermeisten Großkanzleien mit den Jahren der Kanzlei-Zugehörigkeit. Jahr für Jahr gehen den Sozietäten scharenweise gut ausgebildete Anwältinnen von der Fahne und bringen ihr Wissen künftig bei einem Mandanten oder einem Wettbewerber ein – ein Ärgernis für die Kanzleien, die viel Zeit und Geld in die Ausbildung der Associates investieren.

Detaillierte Zahlen über den Frauenanteil in den unterschiedlichen Senioritätsstufen nennt etwa Hogan Lovells. Aktuell sind 47,8 Prozent der Associates und 21 Prozent der Counsel an den deutschen Standorten weiblich. Unter den 79 Partnern sind dagegen nur noch zehn Frauen, ein Anteil von 12,6 Prozent. Bei Freshfields Bruckhaus Deringer waren gemäß dem aktuellen Responsible Business Report im Geschäftsjahr 2012/13 zwar 37 Prozent der Associates in den deutschen und österreichischen Büros weiblich, aber nur noch sieben Prozent der Partnerschaft.

Initiativen, mit denen Kanzleien ihren Mitarbeitern helfen, Karriere und Privatleben besser zu vereinbaren, können sich in barer Münze auszahlen, wenn es dadurch gelingt, mehr Anwältinnen über einen längeren Zeitraum zu halten. Ob sich die Kanzleiverantwortlichen dabei eine verbindliche Zielmarke für den Frauenanteil geben oder den Juristinnen lieber mittels Karriereförderung den Weg in die Partnerschaft ebnen, scheint vor diesem Hintergrund eher zweitrangig.

Zitiervorschlag

Anja Hall, Frauenförderung in der Großkanzlei: . In: Legal Tribune Online, 04.12.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14014 (abgerufen am: 01.11.2024 )

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