Ein Leitungsnetz, das derzeit rund 25.000 Gebäude in Stuttgart mit Fernwärme versorgt, muss nicht beseitigt werden. Die Frage nach dem Weiterbetrieb bleibt aber auch nach einem Urteil des BGH offen.
Die Stadt Stuttgart streitet sich mit dem Energieversorger EnBW, wer nach dem Ablauf eines befristeten Konzessionsvertrags Eigentümerin des Stuttgarter Fernwärmenetzes ist. In dem Vertrag, der zum 31. Dezember 2013 ausgelaufenen ist, wurden zwar die Nutzungsrechte während der Laufzeit geregelt, nicht aber die Eigentumsverhältnisse nach der Beendigung (Endschaftsregelung).
Der Fall ging durch die Instanzen und landete schließlich vor dem Bundesgerichtshof (BGH), dessen Urteil vom Dienstag (Urt. v. 5.12.2023, Az. KZR 101/20) beide Streitparteien unzufrieden zurücklassen dürfte.
Nach Einschätzung des Kartellsenats des BGH ist die Stadt Stuttgart, die im Verfahren als Klägerin auftrat, nicht Eigentümerin der Infrastruktur geworden und hat daher keinen Anspruch auf die Übereignung des Netzes. Der BGH bestätigt damit eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart, das einen Eigentumserwerb zuvor ebenfalls verneint hatte (Urt. v. 26.03.2020; Az. 2 U 82/19).
Eigentum geht nicht automatisch über
Das Gesetz sehe keinen automatischen Eigentumsübergang nach Vertragsende vor, es bedürfe einer Willensentschließung durch den Eigentümer. Einen solchen Entschluss habe EnBW nicht getroffen, so das Gericht in der Urteilsbegründung.
Einen Beseitigungsanspruch, den die Stadt Stuttgart geltend gemacht hatte, erkannte der Senat unter dem Vorsitz von Wolfgang Kirchhoff ebenfalls nicht. In diesem Punkt hatte das OLG als Vorinstanz noch anders entschieden.
Auch für EnBW gibt es schlechte Nachrichten. Der Energiekonzern, der die Fernwärmeleitungen während der Vertragslaufzeit deutlich ausgebaut hatte, möchte das Netz eigentlich gerne weiterbetreiben, bräuchte dafür allerdings Wegenutzungsrechte. Nach Ansicht des BGH hat EnBW darauf keinen kartellrechtlichen Anspruch. Die Grundstücke, auf denen die Leitungen verlaufen, gehören größtenteils der Stadt Stuttgart.
Dass die Stadt Stuttgart der EnBW nach § 19 GWB die Nutzungsrechte einräumt, komme nur dann in Betracht, wenn die technischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten sämtlichen Interessenten einen Bau paralleler Netzinfrastrukturen erlauben. Davon könne im Streitfall nicht ausgegangen werden, so das Gericht. Eine Ausschreibung für den künftigen Betrieb des Fernwärmenetzes, an der sich auch EnBW beteiligt, wurde von der Stadt gestartet, später aber ausgesetzt.
BGH-Entscheidung zum Streit um Eigentumsrechte: . In: Legal Tribune Online, 05.12.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53338 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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