Die geplante Fusion der Börsen in Frankfurt und London ist auch im dritten Anlauf gescheitert. Die EU-Kommission untersagte am Mittwoch den Zusammenschluss zu Europas größtem Börsenbetreiber, weil sie eine Lähmung des Wettbewerbs fürchtet.
Auf dem Markt für das Clearing festverzinslicher Finanzinstrumente hätte die Fusion ein "De-Facto-Monopol" geschaffen, erklärte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. "Die europäische Wirtschaft benötigt gut funktionierende Finanzmärkte", betonte sie. Der Zusammenschluss zwischen Deutscher Börse und der London Stock Exchange (LSE) "hätte den Wettbewerb erheblich eingeschränkt".
Das Aus für das Vorhaben, ein europäisches Schwergewicht unter den Finanzplätzen zu schmieden, hatte sich allerdings schon länger angekündigt. Denn die LSE hatte sich geweigert, eine weitere Auflage der EU-Wettbewerbshüter zu erfüllen und ihren Mehrheitsanteil an der italienischen Anleihen-Handelsplattform MTS zu veräußern. Daher ging die Londoner Börse nach eigenem Bekunden schon Ende Februar nicht mehr davon aus, dass die Kommission die Fusion genehmigen wird.
Das Votum der Briten zum Austritt aus der Europäischen Union im vergangenen Juni hatte das im Februar 2016 angekündigte Projekt erschwert. Vor allem die Frage des rechtlichen Sitzes wurde seither noch kritischer gesehen als zuvor. Vor dem Brexit-Referendum hatten sich die beiden Börsenbetreiber darauf festgelegt, dass die Dachgesellschaft der geplanten europäischen Superbörse ihren Sitz in London haben soll. Das sorgte am Finanzplatz Frankfurt für viel Kritik.
Ermittlungen gegen Börsen-Chef Kengeter
Zusätzlich belastet wurde das Fusionsprojekt durch Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Frankfurt gegen den Vorstandsvorsitzenden der Deutsche Börse AG, Carsten Kengeter, wegen des Verdachts auf Insiderhandel. Die Ermittler werfen Kengeter vor, schon im Sommer 2015 auf höchster Ebene Gespräche über den möglichen Zusammenschluss der beiden Konzerne geführt und in diesem Wissen Mitte Dezember 2015 in großem Stil Aktien der Deutschen Börse gekauft zu haben.
Die Öffentlichkeit informierten die Konzerne erst am 23. Februar 2016 über ihr Vorhaben. Die Aktienkurse beider Unternehmen legten in der Folge zu. Kengeter hält die Vorwürfe für unbegründet, Aufsichtsrat und Vorstand stellten sich geschlossen hinter den Manager.
Kengeter hatte die Führung der Deutschen Börse am 1. Juni 2015 als Nachfolger von Reto Francioni übernommen. Kengeter sollte auch Chef des Gemeinschaftsunternehmens werden, die Mehrheit sollten die Aktionäre der Deutschen Börse mit gut 54 Prozent halten.
Schon frühere Fusionspläne scheiterten
An der LSE hat sich die Deutsche Börse schon zwei Mal vergeblich versucht: Im Mai 2000 scheiterte der Plan zu einer Fusion mit den Londonern. Im Frühjahr 2005 torpedierten dann angelsächsische Hedgefonds den erneuten Griff nach der LSE.
Joachim Faber, der Aufsichtsratsvorsitzende der Deutsche Börse, bezeichnete die Entscheidung der EU-Kommission als "einen Rückschlag für Europa, für die Kapitalmarktunion und für die Brücke zwischen Kontinentaleuropa und Großbritannien". Die Chance, einen in Europa ansässigen globalen Börsenbetreiber zu schaffen, sei damit vertan.
Bei der geplanten Fusion hatte laut Medienberichten Linklaters die Deutsche Börse AG rechtlich beraten, während Freshfields Bruckhaus Deringer für die LSE tätig war.
dpa/ah-LTO-Redaktion
EU-Kommission untersagt Zusammenschluss: . In: Legal Tribune Online, 29.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22511 (abgerufen am: 23.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag