Drei Jahre ESUG: Viele Gewinner, ebenso viele Verlierer

von Dr. Anja Hall

24.03.2015

2/2: Beratung an 85 der 100 größten Eigenverwaltungsverfahren beteiligt

Die Kanzlei hat - auf Grundlage eigener Informationen sowie von Daten der Beratung Perspektiv GmbH und des Insolvenzportals - die 100 größten Eigenverwaltungsverfahren für das Jahr 2014 zusammengetragen. Ausschlaggebend für das Ranking waren die Umsatzzahlen der Unternehmen aus den Jahren 2012/2013. Zudem wurden nur Verfahren berücksichtigt, bei denen ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung im Laufe des Jahres 2014 beantragt wurde und die nicht später in das Regelinsolvenzverfahren übergegangen sind.

In 85 der 100 größten Verfahren war demnach eine Beratung beteiligt, für weitere 15 Verfahren liegen keine Informationen zu einem Beratermandat vor. Die nach Unternehmensumsatz größte Insolvenz war demnach die der Hansa Group mit 399 Millionen Umsatz. Sachwalterkanzlei war Piepenburg Gerling, das Beratungsmandat ging an dnp Depping. Auf dem zweiten Rang liegt die Rena-Gruppe (173 Mio. Umsatz), bei der Brinkmann & Partner den Sachwalter stellte und Wellensiek als Berater an Bord war. Auf dem dritten Platz rangiert die Insolvenz der Strauss Unternehmensgruppe, bei der Dr. Andreas Ringstmeier als Sachwalter eingesetzt wurde und die Döhmen Consulting als Berater beteiligt war.

In 18 der 85 Verfahren war Buchalik Brömmekamp als Beraterkanzlei mandatiert, mit fünf Verfahren folgt Schultze & Braun auf Platz 2. Drei Verfahren entfielen jeweils auf die Kanzleien bzw. Unternehmensberatungen Wellensiek, Görg, hww, M/S/L Dr. Silcher sowie Kulitzscher & Ettelt. Auf der Seite der Sachwalterkanzleien liegt White & Case mit neun Verfahren vorne, gefolgt von Görg und Schultze & Braun mit sieben beziehungsweise sechs der größten Verfahren.

Führende ESUG-Kanzlei? Es kommt darauf an

Wer nun also die führende ESUG-Kanzlei ist, ist auf den ersten Blick nicht zu entscheiden. "Es kommt darauf an", könnte man in guter Juristen-Tradition sagen. Auffallend ist immerhin, dass das ESUG viel Bewegung im Kanzleimarkt ausgelöst hat. Nach der Fusion von hww und Hermann am Jahresanfang folgte zum März die nächste: Die Anwälte von Schneider Geiwitz & Partner haben sich mit PF&P Rechtsanwälte zur SGP Rechtsanwaltsgesellschaft zusammengeschlossen. Es entsteht eine Kanzlei mit 32 Rechtsanwälten an sieben Standorten. Ein weiterer Paukenschlag war der Wechsel eines 25-köpfiges Wellensiek-Teams zu BBL Bernsau Brockdorff & Partner in Düsseldorf.

Doch auch Wirtschaftskanzleien, die bislang selten Insolvenz-Know-how vorweisen konnten, wollen jetzt im Restrukturierungsgeschäft Fuß fassen. So hat SZA Schilling Zutt & Anschütz Anfang 20015 für ihr Mannheimer Büro einen Anwalt von Wellensiek gewonnen, der eine Insolvenzpraxis aufbauen soll. Schon 2014 holte Olswang in Berlin den Insolvenzverwalter Christian Köhler-Ma, um künftig auch Beratungsleistungen im Insolvenz- und Restrukturierungsbereich anbieten zu können.

Auf regionaler Ebene indes schlüpfen viele kleinere Insolvenzkanzleien unter das Dach großer Einheiten, Beispiele sind Elsässer Rechtsanwälte in Stuttgart, die Ende 20014 bei Schultze & Braun andockten, oder Menold Bezler, die im vergangenen Herbst den Insolvenzverwalter Jochen Sedlitz in ihre Reihen holte.

Denn für die kleinen Einheiten ändert sich durch das ESUG am meisten. Ihre guten Kontakte zu den Insolvenzgerichten zahlen sich nicht mehr aus, denn im Eigenverwaltungsverfahren bestimmt im Wesentlichen der Gläubigerausschuss darüber, wer als Sachwalter eingesetzt wird. Und die Gläubiger sind meist nationale oder international tätige Unternehmen und Banken, die im Zweifelsfall lieber auf eine große, bundesweit aktive Beratereinheit vertrauen anstatt sich im lokalen Markt auf die Suche zu begeben.

Zitiervorschlag

Anja Hall, Drei Jahre ESUG: . In: Legal Tribune Online, 24.03.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15042 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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