Eine Verfassungsbeschwerde der Warburg Bank, die sich gegen die Einziehung von rund 176 Millionen Euro aus Cum-Ex-Geschäften richtete, bleibt erfolglos. Trotz möglicher Verjährung durften Strafgerichte das Geld einziehen.
Im Cum-Ex-Steuerskandal um Aktiendeals zu Lasten der Staatskasse ist M.M. Warburg vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit dem Versuch gescheitert, rund 176,5 Millionen Euro zurückzubekommen. Strafgerichte durften das Geld des Hamburger Bankhauses trotz möglicher Verjährung ausnahmsweise einziehen, befand das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe laut einer Mitteilung vom Freitag (Beschl. v. 07.04.2022; Az. 2 BvR 2194/21).
Die zweite Kammer des Zweiten Senats begründete ihre Entscheidung, die Verfassungsbeschwerde nicht anzunehmen, mit überragenden Belangen des Gemeinwohls. Art. 316j EGStGB stelle zwar eine echte Rückwirkung, also eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen dar, diese sei aber ausnahmsweise zulässig und mit dem Grundgesetz vereinbar. Das Interesse der Allgemeinheit gehe dem Interesse der Betroffenen vor, durch Steuerdelikte erlangte Vermögenswerte nach Eintritt der steuerrechtlichen Verjährung behalten zu dürfen.
Nach einer Gesetzesänderung Ende 2020 können illegal erzielte Gelder trotz Verjährung eingezogen werden. Eine Übergangsvorschrift erlaubt dies auch für Taten, die vor dem 29. Dezember 2020 begangen wurden, insbesondere für schwere Fälle der Steuerhinterziehung in großem Ausmaß. Der Gesetzgeber habe so verdeutlichen wollen, dass sich Straftaten nicht lohnen, heißt es im Beschluss des BVerfG. Dieses Ziel sei legitim und überragend wichtig.
Hintergrund
In einem Strafverfahren gegen zwei Angeklagte hatte das Landgericht Bonn im März des Jahres 2020 die Einziehung von Taterträgen aus Cum-Ex-Geschäften in Höhe von etwa 176,5 Millionen Euro gegen die Warburg Bank angeordnet. Nach Feststellung der Strafkammer hatte sich die Bank in den Jahren 2007 bis 2011 im Wege des Eigenhandels an den Cum-Ex-Geschäften beteiligt (Urt. v. 18.03.2020; Az. 62 KLs 1/19).
Die Revision der Bank vor dem Bundesgerichtshof (BGH) war erfolglos geblieben. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass die Einziehung trotz möglicher Verjährung der Ansprüche aufgrund einer durch das Jahressteuergesetz 2020 neu eingeführten Regelung des § 73e Abs. 1 Satz 2 StGB und der Übergangsvorschrift des Art. 316j EGStGB nicht ausgeschlossen sei. Ebenfalls nicht zu beanstanden sei die gesamtschuldnerische Haftung der Beteiligten in Bezug auf die Einziehungsanordnung (Urt. v. 28.07.2021; Az. 1 StR 519/20).
sts/LTO-Redaktion
mit Material der dpa
BVerfG nimmt Verfassungsbeschwerde nicht an: . In: Legal Tribune Online, 29.04.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48292 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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