Unternehmen und Freiberufler ächzen jedes Jahr unter Auskunftsverlangen der Statistikämter, bei Nichtbefolgung drohen Zwangsgelder. Zwei Berliner Anwaltskanzleien gingen dagegen vor. Nun gibt das Hauptstadt-Amt ein Anerkenntnis ab.
Immer wieder müssen Unternehmen und Freiberufler den Statistikämtern für ihre Unternehmensstatistiken Informationen geben. Es sind Daten wie die Anzahl der Mitarbeiter, der Umsatz im In- und Ausland oder der Gewinn. Daten, wie sie ohnehin schon das Finanzamt verlangt. Dennoch müssen sie geliefert werden, befolgt man die Aufforderungen der Ämter nicht, drohen Zwangsgelder.
Die Berliner Anwaltskanzlei Partsch & Partner ist eine von zwei Sozietäten, die sich gerichtlich bis zuletzt dagegen wehrten - und erzielte nun offenbar einen Erfolg. Das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg bestätigte gegenüber LTO, dass es ihren vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) geltend gemachten Klageanspruch (Az. 8 C 22/16) anerkennen werde. Es hatte Stichproben für die sogenannte Dienstleistungsstatistik erheben wollen, die einen Überblick über die Entwicklung der wirtschaftlichen Tätigkeit in diesem Segment gibt.
"Es ist schon enttäuschend für unsere Zunft, dass sich ganze zwei Kanzleien gegen diese Auskunftsverlangen gewehrt haben" klagte der namensgebende Partner Dr. Christoph Partsch im Gespräch mit LTO über die mangelnde Streitlust seiner Kollegen. Zu viele beugten sich den Auskunftsverlangen der Statistikämter widerstandslos, obwohl dafür viel Zeit und Ressourcen aufgewendet werden müssten.
Auslesemethode der Statistikämter ungeeignet
Dabei wurden die umfangreichen Auskünfte, welche die jeweiligen Landesämter auf Grundlage des Bundestatistikgesetzes (BStatG) erheben, offenbar nicht immer rechtmäßig verlangt. Ohne dass eine mündliche Verhandlung beim BVerwG stattgefunden hätte, beschloss das Berliner Amt, die Klage der Anwälte anzuerkennen, die zuvor in zwei Instanzen abgewiesen worden war.
Wie Partsch & Partner erklärte, gehen die Leipziger Richter von einem nicht gerechtfertigten Eingriff in die Berufsfreiheit der Anwälte durch die Datenerhebung aus. Quantitativ sei die Erhebung des Berliner Amtes zwar nicht zu beanstanden, so der Senat. Allerdings seien die Daten nicht nach der korrekten Methode verarbeitet worden, weshalb der Zweck der Erhebung schon nicht erreicht werden könne. Hinreichend repräsentative Ergebnisse seien nämlich nach der verwendeten Methode nicht zu erwarten.
Das BVerwG habe zudem angemerkt, dass die Datenerhebung angesichts des Gebots der Erforderlichkeit auf das für den Befragten geringstmögliche Maß beschränkt werden müsse. Außerdem sei die Belastung auf alle Auskunftspflichtigen gleichmäßig zu verteilen. Dies hatte das Gericht bereits in einem Urteil im März dieses Jahres festgestellt.
Kläger: "für alle Unternehmen von Bedeutung"
Nicht durchsetzen konnten die Anwälte sich nach eigenen Angaben mit ihrem Argument, die Datenerhebungen wüchsen sich in der Addition grundsätzlich schon zu einem ungerechtfertigten Eingriff in die Berufsfreiheit aus. Allerdings sei im Einzelfall immer zu prüfen, ob eine unverhältnismäßige Belastung vorliege, habe der Senat vertreten.
Das nun zu erwartende Anerkenntnisurteil des BVerwG wird laut Partsch weitreichende Wirkung, auch über die Anwaltschaft hinaus, entfalten: "Das Urteil hat nicht nur für Kanzleien, sondern für alle Unternehmen enorme Bedeutung", so der Gesellschaftsrechtler. "Die bisher ergangenen Bescheide sind rechtswidrig und können mit einer Fortsetzungsfeststellungsklage angegriffen werden."
Allerdings ist zu erwarten, dass die Ämter ihre Datenverarbeitung nun noch einmal überarbeiten werden. Das Berliner Statistikamt kündigte jedenfalls "intensive methodische und rechtliche Prüfungen der derzeitigen Praxis der Stichprobenplanung" an, um den gerichtlichen Vorgaben künftig Rechnung zu tragen.
Maximilian Amos, Berliner Anwälte klagen erfolgreich gegen Erhebungen: . In: Legal Tribune Online, 01.08.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23723 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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