Das BKartA analysiert den Wettbewerb im Markt für Stromerzeugung und kommt zur Einschätzung, dass RWE eine marktbeherrschende Stellung hat. Einen Verdacht auf missbräuchliche Ausnutzung hegen die Wettbewerbshüter noch nicht.
Ohne RWE ist die Deckung der Stromnachfrage in Deutschland und Luxemburg zu bestimmten Zeiten nicht mehr gewährleistet. Zu dieser Einschätzung ist das Bundeskartellamt (BKartA) nach einer Analyse der Wettbewerbsverhältnisse gelangt. Die Zahl der Stunden, zu denen der Kraftwerkspark des Essener Energieversorgers unverzichtbar ist, sei im vergangenen Jahr deutlich gestiegen.
Als Grundlage für ihre Einschätzung zog die Behörde eine Untersuchung des deutsch-luxemburgischen Stromerstabsatzmarkt im Zeitraum vom 1. Oktober 2020 bis zum 30. September 2021 heran. Demnach ist RWE der einzige Marktakteur, der jene Schwelle überschreitet, bei der eine marktbeherrschende Stellung vermutet wird.
RWE profitiert von Energiewende
Dass die Marktmacht von RWE zugenommen hat und voraussichtlich weiter zunehmen wird, hat mehrere Ursachen: Eine steigende Nachfrage, den Ausstieg Deutschlands aus der Stromerzeugung durch Atomkraft und Kohle sowie die weiterhin niedrige Menge an Strom, die aus regenerativen Energien gewonnen wird. Insbesondere die Ausbeute im Bereich der Windkraft ist zuletzt hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Der Ukraine-Konflikt, der zu einem deutlichen Anstieg der Energiepreise geführt hat, gesellt sich als Sonderfaktor dazu.
Das BKartA weist darauf hin, dass die Abschaltung von drei Kernkraftwerken zum Ende des vergangenen Jahres geeignet ist, die Marktstellung von RWE tendenziell weiter zu verstärken. Unmittelbare Konsequenzen für RWE ergeben sich aus der Feststellung des BKartA zunächst einmal nicht. Allerdings muss der Konzern damit rechnen, dass die Wettbewerbshüter in Zukunft genauer hinsehen, ob und wie RWE aus der dominanten Marktposition Kapital schlägt.
Rückenwind für Bilanz und Aktienkurs
Anzunehmen ist, dass man beim BKartA dabei auch die bilanzielle Entwicklung des Versorgers im Blick hat. RWE macht keinen Hehl daraus, dass man sich im aktuellen Marktumfeld wohlfühlt. Jüngst wurde eine Anhebung der Ergebnisprognose für 2022 vermeldet. Das Management spricht von Rückenwind und verweist auf "höhere Erzeugungsmargen".
Auf Konzernebene wird für das laufende Geschäftsjahr ein bereinigtes EBITDA von 3,6 bis 4,0 Milliarden Euro erwartet. In einer früheren Prognose war man von 3,3 bis 3,6 Milliarden Euro ausgegangen. Das Nettoergebnis soll bei 1,3 bis 1,7 Milliarden landen. Zuvor hatte RWE 1,1 bis 1,4 Milliarden Euro in Aussicht gestellt.
Grund zur Freude haben in jedem Fall die Aktionäre des DAX-Konzerns. In einem allgemein schwachen Marktumfeld konnte sich die Aktie von RWE in den vergangenen Monaten emanzipieren. Der Kurs kletterte im letzten halben Jahr um gut 20 Prozent und notiert auf dem höchsten Stand seit mehr als einem Jahrzehnt.
Wettbewerbsanalyse im Strommarkt: . In: Legal Tribune Online, 18.02.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47589 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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