Im Prozess gegen den Erben des Stadtplan-Verlags Alexander Falk wegen versuchter Anstiftung zum Mord hat am Donnerstag das Opfer ausgesagt. Der Frankfurter Großkanzleianwalt wurde angeschossen – warum, ist bislang unklar.
Die Anklage ist der Ansicht, dass Alexander Falk in einem Hamburger Restaurant einen Mittelsmann mit der Ermordung des Frankfurter Anwalts beauftragt hat. Er soll dazu auch einen Umschlag mit 200.000 Euro übergeben haben. Im Februar 2010 wurde dem Juristen von bisher unbekannten Tätern ins Bein geschossen; lebensgefährlich verletzt wurde er nicht.
Grund für den Anschlag ist laut Staatsanwaltschaft ein Zivilrechtsstreit gegen Falk, der damals beim Landgericht Hamburg anhängig war. Das Anschlagsopfer bereitete eine Millionenklage gegen den Unternehmer vor, der nach dem Verkauf des Stadtplan-Verlags in Internetfirmen investiert hatte und zeitweise als einer der hundert reichsten Deutschen galt. Auch um Pfändungsmaßnahmen ging es, darunter Bankkonten, zwei Yachten und Grundstücke, die Falk gehörten.
Am Donnerstag trat der heute 55-jährige Jurist vor dem Landgericht (LG) Frankfurt als Opferzeuge auf. Er sagte aus, er habe schon vor dem Anschlag zuhause anonyme Anrufe erhalten. Es sei versucht worden, in sein Haus einzudringen, indem das Esszimmerfenster aufgehebelt werden sollte. Dies sei gescheitert. Als dann eines Nachts die Haustür mit einem Vorschlaghammer eingeschlagen wurde, sei er sich sicher gewesen, dass es eine Verbindung zu dem Verfahren Falk gebe, das er maßgeblich betreut habe. "Das war alles nur, um mich einzuschüchtern", sagte der Anwalt. Die Botschaft sei gewesen, dass er den Fall niederlegen solle.
Verteidigung: Falk hatte keinen Grund für Mordauftrag
Falk bestreitet die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft. Der 50-Jährige war im September vergangenen Jahres verhaftet worden und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.
Falks Verteidiger Prof. Dr. Björn Gercke und sein Medienanwalt Prof. Dr. Ralf Höcker argumentieren, dass es aus Falks Sicht überhaupt keinen Grund gegeben habe, einen Mord an dem Anwalt in Auftrag zu geben. Dieser sei keine zentrale Figur in dem Prozess gegen Falk gewesen und wäre als angestellter Anwalt – ein Counsel mit einer 80-Prozent-Stelle - leicht ersetzbar gewesen.
Gercke und Höcker sagten im Gespräch mit LTO, dass Falk das spätere Anschlagsopfer als Gegenspieler nicht ernst genommen habe. Bei wichtigen Schriftsätzen seien die Vorgesetzten des Anwalts die Erstunterzeichner gewesen. Falk habe sich außerdem in einer Email vom April 2009 an seinen Anwalt bei Freshfields Bruckhaus Deringer darüber beklagt, dass der Frankfurter Anwalt sein Ansprechpartner bei Clifford Chance gewesen sei. Es sei bekannt, dass der Jurist bloß Associate sei und nach Ende seines Falles die Kanzlei verlassen müsse, zitierten Gercke und Höcker aus der Mail, die auch Gegenstand des Verfahrens ist und LTO nicht vorliegt. Es wäre besser, mit jemandem auf Augenhöhe zu sprechen als mit einem "halbgefeuerten Associate", soll Falk geschrieben haben.
Tatsächlich arbeitete der Jurist zum Zeitpunkt des Anschlags im Februar 2010 schon nicht mehr bei Clifford Chance. Er war zum Jahresbeginn zu DLA Piper gewechselt, wo er als Partner eingestiegen ist. Er führte das Mandat dort weiter, bis auf ihn geschossen wurde.
Clifford-Chance-Umfeld: Anschlagsopfer soll zentrale Rolle gespielt haben
Aus dem Umfeld von Clifford Chance allerdings verlautete, dass das spätere Anschlagsopfer im zivilrechtlichen Prozess gegen Falk allerdings mitnichten eine Nebenrolle gespielt habe. In dem Prozess seien im Wesentlichen zwei Anwälte nach außen aufgetreten: das Anschlagsopfer und ein weiterer Anwalt, der heute Partner bei Clifford Chance ist. Beide seien zu Beginn des Verfahrens noch Counsel gewesen. Während der später verletzte Anwalt bis zu seinem Wechsel zu DLA Piper auch auf diesem Status blieb, wurde der zweite Jurist zum Partner befördert.
Das Anschlagsopfer habe in der Kanzlei als einer der besten Prozessrechtler und Spezialist für die Arrestierung von Vermögenswerten gegolten – und damit sei er auch im Verfahren gegen Falk befasst gewesen. Er habe das Verfahren mit Akribie und Präzision geführt. Ähnliches sagte am zweiten Prozesstag ein Clifford-Chance-Partner aus. Sein früherer Kollege habe den Prozess "mit äußerster Konsequenz" betrieben. Auf sein Betreiben hin sei auch die Jacht des Verlagserben gepfändet worden.
Dass Falk den Juristen durchaus ernst genommen habe, beweise auch die achtminütige Tonbandaufnahme, die als Beweismittel im Mittelpunkt des Verfahrens steht, heißt es aus dem Umfeld von Clifford Chance weiter.
Auf dieser Audiodatei ist zu hören, wie sich Falk mit anderen Männern über den Angriff auf den Anwalt unterhält. Der Unternehmer sagt, er habe gejubelt, als hätte er einen Elfmeter verwandelt. Das sei "sehr geil" und "genau das richtige Signal" gewesen. Die Verteidigung erklärt, die Aufnahme sei manipuliert worden, zudem erteile Falk darauf keinen Mordauftrag.
Weder Clifford Chance noch DLA Piper wollten sich gegenüber LTO offiziell zu dem Verfahren äußern. "Für uns war und ist dieser Angriff nicht nur ein rücksichtsloser Gewaltakt, sondern ein krimineller Versuch, unsere angemessene anwaltliche Interessenvertretung für einen Mandanten zu vereiteln. Das Gerichtsverfahren ist daher im Hinblick auf die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit sicher auch von allgemeiner Bedeutung", schreibt Clifford in einer Stellungnahme. DLA Piper teilte mit, dass man sich "aus Rücksicht auf die am Verfahren Beteiligten und mit Blick auf das laufende Verfahren aktuell nicht äußern" möchte.
Mit Material von dpa
Falk-Prozess wegen versuchter Anstiftung zum Mord: . In: Legal Tribune Online, 12.09.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37595 (abgerufen am: 16.11.2024 )
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